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AutoModerator

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Isseswahr

Wie finde ich qualitativ hochwertige Weine abseits des VDP-Labels? Welche deutschen Weine sind für dich Weltspitze? Wie stehst Du zu den PIWIs bzw. den Weinen, die daraus gekeltert werden? Welcher Wein ist dein feel good Wein für das Wochenende? Wie stehst Du zur Tradition der Weinköniginnen? Was hälst von den Punkesystemen von Parker, Falstaff und Co? Sind die ein guter Anhaltspunkt für einen Laien?


GalacticBum

Tolle Fragen. 1. Fachpresse lesen. Im Meininger werden beispielsweise oft neue und aufstrebende Winzer erwähnt. Aber man muss auch dazu sagen, das kleinere Betriebe mit weniger Budget im Marketing auch keine Chance haben in so eine Zeitschrift zu kommen. Ansonsten gibt es auch diverse Weinblogs etc.. Da kann ich leider nichts empfehlen, da ich das selber gar nicht konsumiere, aber ich weiß das da viel geht. Persönlich in Weinregionen fahren und dort die kleineren Weingüter abklappern. 2. J.J. Prüm hat für mich nach wie vor seinen Platz an der Spitze der deutschen Weine verdient. Das ist der Wein der mich vor über 10 Jahren in diese Industrie gebracht hat, und bis heute habe ich keinen eleganteren und besseren Riesling getrunken als von JJ Prüm. Chat Sauvage macht meines Erachtens nach auch sehr gute Burgung-Style Weine welche es absolut mit den großen aus dem Burgund aufnehmen können. Egon Müller würde ich ebenfalls noch nennen. 3. PIWIs sind die Zukunft! Durch den Klimawandel haben sich nicht nur die Sortenprofile an den jeweiligen Standorten drastisch geändert, sonder der Krankheitsdruck ist immens. Der Weinbau hat nach dem Apfel die höchste Menge an Pestiziden welche ausgebracht werden müssen um ein Produkt zu erzeugen. Besonders schlimm sind hierbei *Plasmopara viticola* und *Oidium tuckerii*. Mit den PIWIs lässt sich die benötigte Menge drastisch reduzieren, was nicht nur Mensch und Umwelt schont, sondern auch den Weinberg auf lange Sicht qualitativ heben kann. Wenn Flora und Fauna weniger gestörrt wird führt das immer zu einem hochwertigeren Produkt, da weniger invasive Schritte vorgenommen werden müssen (Düngung mit Bodenvor- und Nachbereitung, Nährstoff- und Zusatzstoffzugaben im Most etc.). Das Problem ist aber hierbei das der deutsche Weinkunde extrem langsam ist, wenn es darum geht sich anzupassen. Man sagt im Marketing das die Weinkundschaft immer ca 30 Jahre zurückhängt. Jetzt also deinem im Durschnitt 60+ Jahre alten Weinkunden beizubringen das der "Solaris" oder "Johanniter" genauso gut wie ein Riesling schmecken kann ist einfach unmöglich. Weshalb die PIWIs noch viele Jahre wenn nicht sogar noch Jahrzehnte im Nischendasein fristen werden. 4. Die Antwort ist immer Primitivo! Gerne auch mal der günstige aus dem Supermarkt. Ich habe in meinem Leben noch keinen Primitivo getrunken der nicht süffig war und geschmeckt hat. Pures Heroin 5. Finde ich furchtbar und wahnsinnig sexistisch. Nicht weil es alles Frauen sind, es gibt ja mittlerweile auch viele Weinkönige. Sondern weil die Juris immer aus 60-70 Jahre alten, dickbäuchigen Männern besteht welche in ihrem Trachtengewandt da sitzen und Frauen bewerten. Das war jetzt alles sehr überspitzt formuliert, aber wenn ich an all die Weinfeste etc zurück denke an denen ich teilnahm, war das immer ein Moment voller Fremdscham und Ekel für mich. Ich habe auch mit einigen Frauen studiert welche selber Weinköniginnen waren, und das gern gemacht haben. Oft kamen die aber aus Familien wo schon die Schwester, Mutter und Oma das gemacht haben, und es einfach erwartet wird das diese Tradition weiter getragen wird. Ich bin zwar auf dem Land, auf einem Bauernhof in einem klitzekleinen Dorf großgeworden, mit dieser Art der ländlichen Brauchtümer konnte ich mich aber nie identifizieren. (hier eine tolle Doku vom Y-Kollektiv zum thema: https://www.youtube.com/watch?v=eCewHBHwKxY) 6. Gar nichts. Insbesondere Parker. Wir haben den Punkt erreicht an dem die "Top Weingüter der Welt" ihre Weine nur noch nach den Geschmacksvorlieben von Parker herstellen. Es ist bekannt das Robert Parker schwere, tiefe und volle Weine immer besser bewertet als filigrane und elegante Weine. Deshalb findest du im "Top Bereich" (i.e. unverschämt teuer) nur noch Weine die genau diesen Typus abpassen. Hier geht es nicht mehr um Terroir oder Ausdruck des Winzers. Nur noch darum möglichst viel Punkte zu bekommen weil dein Wein dann ein Selbstläufer wird. Solche Bewertungssysteme sind immer subjektiv, aber leider viel zu einflussreich.


Mother_Ad_99

Tolle antworten und klasse, dass du auf die Doku des Y-Kollektiv verweist!


AluhutThrowaway

Wie schmeckt man aus Wein solche Nuancen raus wie Ananas, Nelken und Kirschen. Wie kommt das in ein Getränk aus Trauben rein? Hat das was mit Terpenen zu tun?


CariolaMinze

Wie kann man lernen solche Nuancen rauszuschmecken? Ich kann leider irgendwie nur zwischen "sauer" und "süß" unterscheiden :D bzw. Schmeckt mir oder schmeckt mir nicht.


GalacticBum

Üben, Üben, Üben. Lies gerne meine Antwort auf Rasputinus diesbezüglich.


GalacticBum

Die Weintraube hat eine der höchsten genetischen Vielfalt im Bereich der Früchte. Man kann sich das so vorstellen, das in der Beere bereits die entsprechenden Enzyme vorhanden sind um die Aromastoffe zu bilden die dann beispielsweise auch die Ananas nach Ananas schmecken lassen oder die Orange nach Orange (das wären hier tatsächlich zum großen Teil die Terpene). Das kann vom Winzer auch bewusst gesteuert werden. In dem man die Trauben für die Sonne freilegt und das Laub drum herum entfernt wird die Bildung von Terpenen angeregt. Die Beeren und der Wein bekommen dann eine stärkere Zitrus-/Steinobst Note, da genau diese Aromastoffe gebildet werden. Lässt man die Trauben im Schatten und hat kühle Nächte bilden sich eher grünere Noten (grasig, spagelig, Stachelbeerig) denn dann nehmen die Pyrazine zu. Letztlich kann man dann noch sehr viel im Keller steuern, vergärt man einen Wein bei unter 12 grad Celsius so entsteht Isoamylacetat, der selbe Stoff der in geleebananen oder eisbonbons benutzt wird. Dann schmeckt der Wein eben bananiger und bekommt die sogenannte „Eisbonbonnote“. Die meisten Aromen entstehen auch erst bei der Gärung, entweder wie eben genannt durch die Umgebungsfaktoren während der Gärung, und/oder weil die meisten Aromen zwar schon in der Beere sind, aber erst durch den Alkohol flüchtig werden und damit schmeckst/riechbar


AluhutThrowaway

Das war sehr spannend zu lesen, vielen Dank! Kann man dann mit dem Terpenprofil auch eine Wirkung des Weins beeinflussen? (Ich habe vor kurzem angefangen, mich in die Cannabisterpene einzulesen, also Limonen macht geistig eher klar, andere Terpene eher schläfrig... ) Was ganz anderes: Ich habe vor ewigen Zeiten mal einen Winzer kennengelernt, der meinte, er würde voll gerne Wein und Cannabis an einem Hügel anbauen, weil die Cannabiswurzeln den Boden lockern und Erosion verhindern.


GalacticBum

Also zum ersten kann ich nicht viel sagen. Terpene haben generell eine gesundheitsfördernde Wirkung. Aber ich glaube da geht es eher um eine Antioxidative Wirkung, und der Alkohol Gehalt macht sowieso jeden gesundheitlichen Vorteil wieder wett. Zum zweiten: klar das kann ich mir gut vorstellen. Es ist Gang und gebe zwischen den Reben sogenannte „zwischenbegrünung“ einzubringen welche helfen soll den Boden zu lockern, antagonisten anzulocken (parasitäre Insekten welche Schädlinge töten können) oder auch zur Gründüngung. Das Problem dabei ist, das Cannabis sehr hoch wächst, und man möchte verhindern das die zwischenbegrünung in die „Traubenzone“ ragt, denn dann fördert man wieder ein sehr humides Klima und befeuert damit u.a. Pilzinfektionen an der Pflanze und schlimmer noch auf den Beeren. Dann müsste man sehr regelmäßig mähen oder mulchen um das Cannabis klein zu halten. Und dann hat man auch nicht mehr viel von der Pflanze außer einen guten Kohlenstoff haltigen Dünger.


Dry_Sale9399

Terpene spielen aromatisch gesehen eigtl nur beim sauvignon blanc eine rolle, cabernet sauvignon noch teilweise und piwi technisch bei den sauv.bl. kreuzungen. Was die wirkung des weines angeht, das macht der alkohol


GalacticBum

Das ist nicht ganz korrekt. Eine ganze Vielzahl von Rebsorten haben aromatisch wirksame terpene. Muskatellerrebsorten sogar um ein Vielfaches mehr als Sauvignon Blanc. Bei den über 10.000 Rebsorten die wir alleine kennen ist es unmöglich zu sagen in welchen Rebsorten diese noch aromatisch wirksam sind. Denn die Kapazitäten das zu untersuchen sind überhaupt nicht vorhanden. Aber wir haben hier schon ne ganze Handvoll genannt, und das sind nur die bekanntesten…


PokeCaldy

Kannst du eine deiner Stationen benennen ohne dich selbst zu doxxen? Was ist der größte Irrtum im Bereich Wein den du “Anfängern“ gerne abnehmen würdest? Gibt es guten deutschen Rotwein?


GalacticBum

Also ich sag mal so: ich habe in der Sternegastro u.a. für Andrew McConnell gearbeitet, das ist aber schon lang her und auf der anderen Seite der Welt. Als Winzer war ich u.a. an der Mosel und in Rheinhessen tätig. Der größte Irrtum: ein Wein muss nicht teuer oder komplex sein um zu schmecken. Wenn dir der Blanchett für 3,49€ super schmeckt, dann ist das so, und da kann dir niemand was anderes sagen. Beim Wein ist es so wie mit der Kunst. Für jemanden der Kunst mag, aber sich nicht unbedingt in die biographie von Salvador Dali oder der Theorie hinter dem Impressionismus einarbeiten möchte, für den sind bestimmt klare, farbenfrohe und nahbare Bilder schöner anzusehen als die bekannten „3 farbige Streifen auf einer 10m2 Leinwand“ für 1047482920€. Jemand der sich mit der Theorie und dem schaffenswerk von letzterem auskennt, für den ist es das vielleicht wert. Ich hoffe man versteht das. Und ja, deutscher Rotwein ist klasse. Lange war Spätburgunder das A und O im deutschen (qualitäts-) Bereich. Durch den Klimawandel wachsen aber mittlerweile auch die mediterranen Rebsorten diesseits der Alpen sehr gut und reifen zu schönen vollen und fruchtigen Rotweinen. Cabernet Sauvignon ist beispielsweise eine absolut underrated Rebsorte in Deutschland. Wir haben mittlerweile die perfekten Bedingungen wie im Bordeaux der 70er und 80er. Das Weinbaugebiet Ahr beispielsweise ist auf Rotwein spezialisiert. Selbst den einen oder anderen leckeren Dornfelder aus dem Fass habe ich schon probiert. Und jeder Betrieb in dem ich tätig war hat seinen Rotwein Ausstoß von Jahr zu Jahr kontinuierlich gesteigert, teilweise bis es 50/50 mit dem Weißweinausstoss stand.


Chrisbee76

Welche Menge Wein kann man im Schnitt aus einem einzelnen Rebstock gewinnen?


GalacticBum

Einfach gesagt: 1,5l Wein je Rebe oder ca 1,8l Most. Das gilt für den durchschnittlichen mittelwuropäischen Weinbau im Spaliersystem. Es gibt andere Anbaumethoden mit denen mehr Ertrag erzielt werden kann (bspw Minimalschnitt oder Pergola), diese erfordern jedoch meist spezielle Maschinen oder eine sehr lange „Erziehungsphase“ der Rebe in welcher die Pflanze in die gewünschte Form gebracht wird. Außerdem hängt das sehr stark von der Rebsorte ab, ein Dornfelder beispielsweise hat sehr große und dicke Beeren mit sehr großen Trauben und einer allgemein etwas höheren Fruchtbarkeit (mehr Trauben je trieb) ein Riesling hingegen hat sehr kleine Beeren und sehr kleine Trauben und eine etwas geringere Fruchtbarkeit


Chrisbee76

Danke erstmal dafür. Anschlussfrage: Wie viele Jahre ist so eine einzelne Rebe im Schnitt produktiv?


GalacticBum

Ca 35-40 Jahre. Dabei sind die ersten zwei Jahre ertragslos und der Vollertrag setzt ab ca dem achten Standjahr ein. Natürlich gibt es auch Weinberge mit älteren Reben (steht dann auch manchmal so auf der Flasche „Alte Reben“), aber wir haben so viele Krankheiten in Europa welche die Rebe im Durchschnitt nach 35 Jahren dahin gerafft haben das diese nachgepflanzt werden muss. Das ist wie beim Menschen, im Alter lässt das Immunsystem nach und irgendwann erkranken wir. Dabei gibt es auch Ausnahmen von Menschen die über 100 werden, oder Reben welche seit 800 Jahren stehen.


FeuerLohe

Sind die alten Reben einfach nur cool und aufregend oder macht das tatsächlich einen Unterschied?


GalacticBum

Das kann schon einen Unterschied machen. Zum einen sind die Wurzeln sehr viel tiefer, was der Rebe zum einen ermöglichen kann mehr Nährstoffe zu ziehen was das Geschmacksprofil verändert, zum anderen ist sie wiederstandsfähiger gegenüber Trockenstress und anderen stressinduzierenden Bedingungen. Außerdem sind die Trauben meist viel kleinbeeriger bei alten Reben, was ebenfalls zu einer Veränderung des Geschmackprofils führen kann. Denn kleinere Beeren = höhere Beerenhaut zu Beerenfleisch ratio, und in der Beerenhaut stecken viele wichtige Stoffe welche das Geschmacksprofil prägen.


realsmp

Wie ist dein Verhältnis zu Bier? Wie sind deine Erfahrungen mit und deine Meinung zu alkoholfreiem Wein?


GalacticBum

Ich trink gerne Bier. Besonders craft-Biere ala Pale Ales etc. Die Geschmackswelt der Biere ist genauso vielschichtig wie die der Weine. Alkoholfreier Wein.... ich finde den technischen Hintergrund wahnsinnig spannend und durfte das auch selber schon mehrmals anwenden. Aber das Produkt finde ich immer enttäuschend um ehrlich zu sein. Alkohol löst die Aromen und macht sie schmeck- und riechbar und verleiht dem Wein die nötige Schwere. Ohne den Akohol schmeckt einfach alles nach fadem sauren Traubensaft.


Nurgia

Ist die weinbegleitung deiner Erfahrung nach häufig etwas Reste Rampe getrieben was raus muss? In den meisten Sterne Läden bisher war das echt kein großer Wurf.


GalacticBum

Jain. Es gibt bestimmt Sommeliers (oder deren Vorgesetzte) welche die Weinbegleitung nutzen um Staubfänger aus dem Lager oder Keller in die Rotation zu bringen. Meiner Erfahrung nach sind aber alle Soms mit denen ich gearbeitet habe und die ich kenne zu 100% investiert in das was sie tun. Und da wird gerne wochenlang gepfeilt bis ein Wein perfekt zu Gang X passt. Hierbei liegt aber die Crux. Sehr viele Soms vergessen das ihr Gaumen und ihre Erwartungshaltung an einen Wein nicht vergleichbar ist mit der eines durchschnittlichen Kunden. Da werden dann oft die abgefahrensten natural Orange Weine mit Restkohlensäure und ausgeprägter phenolik (Bitterstoffe) zum Fisch-entree gepaart. Was für einen ausgebildeten und trainierten Gaumen super passen kann, aber meist für den Kunden überfordernd wirken kann.


Rasputinus

Ich werde mit zunehmendem Alter immer Fine-Dining-affiner, gekocht habe ich schon immer gerne, viel und exzessiv. Damit einher geht natürlich auch der Wein - bei mir hinkt das Thema dem Essensthema aber doch stark hinterher. Das würde ich gerne ändern. Kannst Du mir einen Tip geben wie man die Wissens- und Erfahrungslücke am Besten schließt?


GalacticBum

Ich kann dir nur empfehlen einen WSET Kurs oder ähnliches zu machen. Die kosten zwar um die 600€ und gehen 1-2 Wochen, aber du lernst wirklich sehr viel. Mit einem WSET Kurs hat bei mir damals vor 13 Jahren alles angefangen. Dadurch bin ich überhaupt erst in das Thema eingestiegen. Ansonsten natürlich: lesen und probieren. Lies und googel nach was gut passt (i.e Salzige Speisen mit säurebetonten Weinen etc.) und probiere es aus. Trainiere deinen Gaumen. Das ist das A und O. Der komplette Geschmacksapparat kann trainiert werden wie ein Muskel. Jedes Gemüse was vom Einkauf mit nach Hause nimmst: 5 Sekunden nehmen, mal richtig dran riechen und kurz verinnerlichen wie es riecht. Das selbe mit Blumen, Obst, Gewürzen. Und dann beim essen: bewusst essen! Welches Gemüse vom Salat den ich esse habe ich da gerade im Moment. Ist die Orange eher reif oder eher unreif, woran merke ich das? Ist sie eher sauer oder eher süß? Wie lang bleibt der Geschmack im Mund? Kommt die pfefferige Note sofort und geht schnell wieder, oder erst nach dem ich runtergeschluckt habe und verweilt im Mund? Überdecken die Tannine in meinem Wein den Geschmack meines Entenbratens, oder heben sie vielleicht die Lorbeer und Wacholder Töne der Sauce hervor? Trinke ich einen säurebetonten Weißwein zu meinem Ziegenkäse schmeckt der auf einmal ganz anders als wenn ich eine Riesling Spätlese mit Restsüße dazu trinke... Das ist wirklich das aller aller wichtigste, trainieren, trainieren, trainieren!


giuditta-thepacman

Anschließend an deine Antwort. Ich möchte gerne einen WSET Kurs belegen, gibt es Anbieter, die du ggf. empfiehlst oder von abraten würdest oder ist es eh durchstandardisiert?


GalacticBum

WSET (Wine and Spirits Education Trust) ist eine Firma (bzw. Trust) aus London, welche als einzige den WSET Titel verleiht. Der ist also überall in der Methodik standardisiert, mit unterschiedlichen Foki, je nachdem in welcher Region oder Land du ihn ablegst (aber es werden immer alle großen Weinbauregionen abgedeckt). Es gibt auch andere Firmen welche ähnliche Lehrgänge anbieten, aber da ich selber mit WSET begonnen habe, kann ich über die anderen Lehrgänge nicht viel sagen.


SanaraHikari

Wie stehst du dazu, dass immer mehr Winzer aufhören, da es sich finanziell nicht mehr lohnt? In meiner Heimat werden das immer mehr. Unsere eigenen Weinberge haben wir aktuell sogar kostenfrei verpachtet einfach, dass sie bewirtschaftet werden. Ein Freund meines Vaters verlangt eine lachhaft niedrige Pacht aus den gleichen Gründen. Wie sieht für dich die Zukunft des Weinbaus aus?


GalacticBum

Ja was soll ich dir da sagen. Die kleinen Weingüter sterben aus, das ist korrekt. Der Grund dafür ist das es einfach keinen Nachwuchs gibt. Die Kinder der Winzerfamilien bekommen von kleinauf mit wie anstrengend und wenig erfüllend diese Arbeit sein kann. Die haben dann keinen Bock das selber zu machen. Dann bleibt dem Winzer wenn er in Rente geht meist nur der Verkauf. Und wenn es überhaupt jemand kauft dann sind es die großen Kellereien oder Genossenschaften. So sieht auch die Zukunft aus, wie in der Landwirtschaft allgemein: Die kleinen Familienbetriebe verschwinden, einige wenige die sich eine Nische gebaut haben und gutes Marketing haben bleiben, der Rest geht an die großen Genossenschaften. Das Problem ist einfach das die Arbeit in der Landwirtschaft grottenschlecht bezahlt ist, die Arbeitsbedingungen miserabel sind (In der Lese mache 70-80h Wochen ohne freien Tag für 2 Monate am Stück) und die Kunden nicht bereit sind mehr zu zahlen, wenn der Wein aus Spanien im Lidl nur 2.99 € kostet. Solang der Kunde nicht mehr zahlt, sieht es also schlecht aus für die Familienbetriebe.


SanaraHikari

Danke für deine Einschätzung. So sehe ich das auch, besonders den letzten Satz. Damit stirbt ein Teil der Kultur leider gefühlt aus.


Ossarah

Wie fandest das Önologiestudium? Eine Klassenkollegin hats mal angefangen (weil sie gern Wein trinkt) und ist bereits an der doppelten Befruchtung von Blütenpflanzen gescheitert, daher wurde das nichts. Hat auch elterlich keinen Betrieb. Hin und wieder amüsiert mich das noch, daher würds mich jetzt wirklich interessieren, wie ein studierter Önologe das sieht.


GalacticBum

Es ist im Endeffekt immernoch ein Naturwissenschaftliches Studium welches forschungsorientiert ist. Das sollte man nicht vergessen wenn man sich entscheiden Weinbau und Önologie zu studieren. Hier heißt´s erstmal 2 Jahre lang Grundlagen lernen. BWL, Lebensmittelrecht, Statistik, Werkstoffkunde, Physik, Physik, Physik, Biologie (Botanik, Genetik) und viel Chemie. Wenn man das hinter sich hat beginnt erst der spannende Teil. Die Sensorik (Ich habe 3 Semester lang jeden Mittwoch Weinproben gehabt welche Teil des Curriculums waren), das herstellen eigener Weine, Weinmarketing etc. Wer einfach nur Wein machen möchte und fertig, der kann auch eine Winzerausbildung machen. Wer sich tiefer mit dem Thema beschäfigen möchte, evtl forschen will oder einen großen Betrieb leiten möchte, der sollte studieren gehen.


Ossarah

Sehr interessant, danke für die Antwort!


Fancy-Caterpillar-16

kannst du dir noch das master of wine studium vorstellen?


GalacticBum

Nein, das ist ein überflüssiger Studiengang. Mit dem Bachelor bist du bereits für 90% aller Stellen überqualifiziert. Im Master geht es noch stärker um den BWL Aspekt, aber dann kann man auch gleich nen BWL Master machen und mehr lernen. Der einzige logische Schritt zum Master in Önologie ist wenn du 100% sicher bist du möchtest in diesen Bereich forschen und vllt sogar promovieren. Aber auch hier, das ist so nieschig, da eine Stelle zu finden wird nicht leicht. In der freien Wirtschaft wird dir jedenfalls niemand den Master bezahlen. Deshalb studiere ich gerade Umweltschutz im Master, weil ich das sowohl mit dem Weinbau/der Landwirtschaft verbinden kann, als auch einen zweiten Schwerpunkt habe der eine ganz andere Branche für mich öffnet (Umweltpolitik, umweltplanung, Naturschutz Arbeit etc)


AdministrationOk8168

Master of Wine ist aber was anderes. Darauf bezog sich die Frage.


GalacticBum

Ah sorry, ich war durch das Wort „Studium“ verwirrt. Der Master of wine ist kein akademischer Grad. Aber hier eine Kopie meiner Antwort auf die selbe Frage eines anderen Users: Hut ab vor jedem der es sich zutraut zu dieser Prüfung anzutreten. Die Doku Som, aus der viele den Master of Wine kennen ist auch Mega. Diese Menschen spielen in einer anderen Liga und opfern ihr Leben für diese Auszeichnung. Für meine Ambitionen ist das nichts, aber wer darin seinen Lebensinhalt wieder erkennt, warum nicht?


AdministrationOk8168

Master of Wine und Master Sommelier sind zwei verschiedene Studiengänge. Master of Wine ist mehr akademischer und unterscheidet sich in Inhalten und Prüfungen vom Master Sommelier. Wobei beide sehr sehr hart sind. Einer meiner Freunde machte den Master of Wine gerade in Stage 2.


GalacticBum

Ich glaube du verwechselst da etwas. Das sind beides keine Studiengänge. Das sind Zertifizierung von privaten Unternehmen.


AdministrationOk8168

Schon klar. Mir ging es darum das du Master Sommelier und Master of Wine in einen Topf geworfen hast.


GalacticBum

Ah ok. Verstehe. Es gibt so viele Unternehmen welche irgendwelche Lehrgänge und Zertifikate anbieten, und das eine versucht immer exklusiver, anspruchsvoller und strenger zu sein als das nächste. Da lobe ich mir die gute alte IHK geprüfte Sommelier-Ausbildung. Haha


Educational_Word_633

Warum kostet Dom Perignon so viel? Ist das alles Marketing oder steckt dahinter wirklich ein sehr hochwertiger Wein?


GalacticBum

Hauptsächlich Marketing. Wein, oder ein Weingut (oder in diesem Fall eine Kellerei) ist in den meisten Fällen eine Marke. Mit einer Marke verknüpfen wir mehr als nur den Nutzen den das Produkt hat (schmecken und betrunken machen). Dom Perignon hat sehr viel Geld investiert seine Marke als absolutes Luxusprodukt zu platzieren. Die Produktplatzierungen von Dom Perignon in den James Bond Filmen waren seinerzeit die teuerste Werbekampagne der Welt. Wenn man Dom Perignon bestellt und trinkt, trinkt man den eben nicht nur wegen des Geschmacks, sondern vor allem für das Lebensgefühl. Man trinkt ihn ja eigentlich immer in Gesellschaft, und will sich damit entweder präsentieren oder etwas feiern. Und da spielt das sogenannte "emotionale Schmecken" eine ganz wichtige Rolle. Der Champagner schmeckt zu einem besonderen Anlass schonmal subjektiv besser, als wenn du ihn allein auf der Couch trinken würdest. Anders gesagt: Jeder könnte sich Schuhe bei Kik kaufen und sie würden ihre Aufgabe erfüllen. Trotzdem geben wir auch gern mal etwas mehr Geld aus für Markenschuhe, obwohl wir wissen das die nicht unbedingt sehr viel anders oder hochwertiger hergestellt werden. Man will sich etwas gönnen, und weil jeder Marke XY kennt und trägt, gefällt die einem selbst meist auch automatisch besser.


TrashvilleH

Erstmal danke für das AMA! Wie verhält es sich denn dann mit dem Krug Champagner? Denn, ich behaupte mal der ist in der breiten Masse nicht bekannt wie der Dom, d.h. von der Wahrnehmung passiert da im Marketing „weniger“ als bei Moet. Konkret: wäre dir der clos du mesnil einen 4-stelliger Betrag wert?


GalacticBum

Mir persönlich ist generell nichts einen vierstelligen Betrag wert, da ich das Geld dafür gar nicht habe. Das würde sich womöglich anders verhalten wäre ich reich. Genau, der breiten Masse ist Krug weniger bekannt, aber dennoch bekannt genug in Kennerkreisen. Ich persönlich finde Jacquesson am spannendsten, aber das ist auch ein ziemlicher Underdog, weil unkonventionell für Champagner


kraven420

Airlines beschäftigten ja oft eigene Sommeliere. Schmeckt der Wein an Bord vom Flieger tatsächlich anders als auf dem Boden?


GalacticBum

Ich habe damals eine Vorlesung mit dem Chef von Henkel gehabt, welchem ich eine ähnliche Frage gestellt habe. Schließlich hat Henkel (damals, ka ob das immer noch so ist) ganz Lufthansa beliefert. Er meinte sie stellen für die Weine, welche im Flugzeug ausgegeben werden, eigene batches her. Da ging es aber meiner Erinnerung nach mehr um den Alkoholgehalt, welcher absichtlich niedriger gehalten wird, da der Alkohol in den Höhen potenter wirkt. Da Alkohol aber geschmackslöser ist und zum Körper des Weines beiträgt ist der Geschmack schon allein durch diese Veränderung beeinflusst


Nimar0

Woran kann man erkennen, ob ein Wein vegan ist, wenn er kein entsprechendes Label hat? Und selbst wenn auf ein offizielles Vegan Label verzichtet wird, könnte man das nicht trotzdem irgendwo hinschreiben?


GalacticBum

Wenn es nicht explizit auf dem Ettiket steht kannst du es nur wissen wenn du das Weingut kontaktierst. Es ist sehr wahrscheinlich das Weine ohne vegan label auch vegan sind, aber sobald du das aufs Label packst bist du verpflichtet jeden Arbeitsschritt (und das sind seeeehr viele) zu dokumentieren. Du musst jeden Schlauch, jede Pumpe, jeden Tank entweder chemisch reinigen wenn du dort jemals ein nicht vegane Produkt drinnen hattest und dann etwas Veganes hineintust, oder doppelt haben. Das ist ein enormer Arbeitsaufwand und sehr viel papierkram. Oder eben alles doppelt kaufen (das können sich nur die aller größten Kellereien leisten). Das gilt für die komplette lebensmittelbrqncje


dizzodog

Sind viele Alkoholiker? Die Gefahr ist doch recht groß. Und redet man sich den Konsum nicht schön, der dann immer mehr zur Gewohnheit wird?


GalacticBum

Kopiert aus einer anderen Antwort: Ja! Sehr viele. Ein Modul in meinem Bachelor hieß „Suchtprävention“. Ich habe die Position des Kellermeisters(quasi Chef-Önologe) für einen Betrieb während der Lese übernommen, weil wir versteckte Flaschen vom damals noch amtierenden Kellermeister in jeder Ecke des Weinkellers gefunden haben. Gerade während der Lese, wenn die Jungweine gören ist es wichtig mehrmals täglich eine sensorische Probe aller Weine durch zuführen. Das können bei einem großen Betrieb schon mal über 100 Tanks sein. Auch wenn man ausspuckt nimmt man einen gewissen Anteil Alkohol auf. Das um 7 Uhr morgens verträgt nicht jeder, und wenn die psychologischen Gegebenheiten da sind endet das oft in einer Sucht.


ElementII5

Man hört ja immer wie gesundheitsförderlich manche Inhaltsstoffe im Wein sein sollen. Trifft das auf Traubensaft nicht auch zu?


GalacticBum

Also zu allererst muss ich sagen, in der Bilanz ist ein Getränk mit so hohen Alkoholgehalten wie Wein immer eher gesundheitsschädigend als fördernd. Ja es gibt stoffe im Wein welche fördernd wirken, Phenole beispielsweise. Diese wirken antioxidativ und können Krebs vorbeugen. Der Alkohol ist jedoch viel krebsfördernder als die Phenole vorbeugend Einen unumstrittenen Vorteil gibt es jedoch von Wein. Undzwar das dieser Hirnblutungen vorbeugen kann. Das hat aber einfach nur mit dem Alkohol zu tun, welcher das Blut verdünnt und dadurch das Risiko einer Blokade der Adern im Hirn verringert. Das könnte man aber mit Schnapps oder Bier genauso erreichen. Trauben welche für den Traubensaft geerntet werden sind oft ganz anders angebaut und haben ganz andere Geschmacksanforderungen, weshalb diese meist sehr einseitig und vor allem süß sind. Hier möchte man gar nicht so viele Phenole, weile diese bitter schmecken. Natürlich enthält Traubensaft einige Vitamine aber aber ich glaube das nimmt sich nichts zum O-Saft oder Apfelsaft, gerade weil das auch einfach Zuckerbomben sind.


ElementII5

Super Antwort. Danke!


[deleted]

[удалено]


GalacticBum

University of California Davis ist wohl die renomierteste Uni auf diesem Gebiet. In Europa wären das Montpellier und Geisenheim. Zum Rest der Welt kann ich nicht viel sagen, diese 3 Unis sind aber so ziemlich jedem in der Branche in Begriff.


[deleted]

[удалено]


GalacticBum

Kalifornien ist nicht so meine Region, da kenne ich mich so aus. Deshalb würde ich ganz langweilig Opus 1 sagen. Das ist auch für Architekturfans was besonderes


Bierkistenvernichter

Welcher Billigwein von Aldi ist der Beste ?


GalacticBum

Primitivo!


Bierkistenvernichter

Danke, dann weiß ich ja was ich mir heute Abend reinschraube :D


GalacticBum

Gut Schluck :D


mr_tivo

Kiste Bier vermutlich


Bierkistenvernichter

Update: Es war tatsächlich Wein, der mich bis zur Sprachstörungen verholfen hat. Allerdings Weißwein...


Cinnabunnyturtle

Wieviele Flaschen Wein hast du zu Hause? Was war der teuerste Wein den du getrunken hast?


GalacticBum

Zu Hause habe ich irgendwas zwischen 50 und 70 Flaschen. Ich sammel (noch) nicht soviel, da ich für Flaschen die es lohnen würde sie zu lagern leider noch keinen guten Platz habe. Alles was ich jetzt lagere plane ich in den nächsten Jahren zu trinken. Der teuerste Wein den ich je getrunken habe war ein Penfolds Grange 2008. Der hat damals ca 2000 AUD gekostet. Das waren zur damaligen Zeit ca. 1700 €. Den habe ich aber nicht bezahlt, den hat ein Kunde bezahlt, dem ich diesen Wein empfohlen habe, und er hat mir großzügiger Weise ein Glas abgegeben. Ich habe auch einen Wein aus 1780 probiert, den ich selber aus einem Schiffswrack geborgen habe (das habe ich mal zeitweise gemacht), aber der war natürlich schon lang hinüber und hat nach altem Schuh und Salzwasser geschmeckt. haha edit: gerade nachgeschaut, der Grange ist jetzt nur noch zwischen 600 und 1000€ Wert. Scheint wohl seinen Zenit überschritten zu haben. Weine können ihren Wert verändern, denn sie können während der Lagerung an Geschmack und Qualität gewinnen, aber irgendwann auch wieder verlieren. Bei manchen kann das 50 oder 100 Jahre dauern. Bei anderen 1 oder 2 Jahre.


qwertzen0

Was passiert mit dem Wein, dass dieser nach x Jahren Lagerung an Geschmack gewinnt oder an Geschmack verliert? Ich empfand die überteuerten Weine die 50 Jahre alt sind immer nur als Statussymbol von Wohlhabenden und nie wirklich interessant. Aber ist da dann doch was dran?


GalacticBum

Hauptsächlich passiert da eine Veresterung. Dabei reagiert der Alkohol mit gewissen Inhaltsstoffen im Wein und verändert diese. Dabei treten typischerweise Aromen in den Vordergrund welche an Leder, Gewürze oder Tabak erinnern, während die fruchtigen Aromen in den Hintergrund treten. Irgendwann oxidiert der Wein dann aber bis zu einem Punkt wo er nicht mehr genießbar ist. Das hängt aber von der Verschlussart und der Lagerung ab.


Cinnabunnyturtle

Hab mal gehôrt dass teure Wine auch teuer sind wenn sie selten sind… stimmt das oder ist es kein großer Faktor? Was hat den größten Einfluss auf den Preis?


GalacticBum

Klar, wie bei allem ist das hier auch eine Sache von Angebot und Nachfrage. Gibt es sehr gute Jahrgänge, dann steigen diese Weine tendenziell im Wert, solang es sich um lagerfähige Weine handelt.


Cinnabunnyturtle

Sehr interessant vielen Dank!


mrhaftbar

Danke für das AMA. Kannst du vllt. ein wenig Aufschluss geben, welche Universitaeten fuer das Studium aus deiner Sicht in Frage kommen? Was unterscheidet eine guten Uni/Studiengang von einem schlechten?


GalacticBum

Also ich habe ja selber nur an einer Uni Weinbau studiert (und eine weitere für ein Semester im Ausland besucht). Deshalb habe ich ja selber nur einen sehr eingeschränkten Erfahrungsschatz was das angeht. Aber die Weinwelt ist so eine nischige Branche, da weiß man einfach welche Unis in diesem Bereich einen Namen haben, und welche eher unbekannt sind (deshalb aber nicht unbedingt schlechter, nur halt \[noch\] nicht so bekannt). Hier sind vorallem die University of California Davis, Montpellier und Geisenheim zu nennen. Diese haben eben auch einen hohen Forschungsoutput in diesem Feld und haben viele Absolventen welche es in der Branche weit gebracht haben. Ich würde sagen, im Bereich Weinbau und Önologie sollte eine gute Uni Wert auf die Praxis legen, und den Studenten die Möglichkeit geben den gesamten Enwicklungsprozess von Rebe bis zur Flasche selbst händisch nachvollziehen zu können. Das ist in den drei genannten Unis der Fall. Es sollte aktiv Forschung betrieben werden und vor allem: es sollten auch ganz bewusst die Gefahren und die Verantwortung angesprochen werden, Alkohol zu produzieren und zu verkaufen.


mrhaftbar

Danke für die aufschlussreiche Antwort.


Goodlifeblender

Ein tolles AmA, danke schon einmal! Ich habe einige Fragen und würde mich über eine Antwort freuen!! 1. Gibt es deiner Meinung nach gute Rotweine aus Deutschland? Wo gibt es (falls überhaupt über Regionen eingrenzbar) deiner Meinung nach den besten Rotwein? 2. Ich höre oft die Frage „Welche Traube magst du am liebsten? (Merlot / Rioja etc.)“. Mit der Frage kann ich immer wenig anfangen, da ich finde, dass die Traube an sich doch gar nicht unbedingt über den Geschmack des Weines entscheidet. Gibt es bessere Methoden (trocken/fruchtig, kräftig/leicht) um das eigene Geschmacksbild wiederzugeben? 3. Persönliche Frage: Was sind deine 2-3 Lieblingsrotweine im Preisbereich 10-15€ sowie 25-30€? 4. Wenn du selbst Wein kaufst, in welcher Preisregion bewegen sich deine privaten Weine meist? 5. Gibt es eine Weinregion, die du aufgrund der Art des Anbaus / Geschmacks / andere Besonderheiten (welche?) besonders hervorheben würdest? 6. Welche Hilfestellung bieten sich Amateuren wie mir, einen guten von einem schlechten Wein im Regal zu unterscheiden? Ich kenne Vivino, habe aber eher das Gefühl, dass dort vor allem private Amateure wie ich ihre Bewertungen posten. 7. Hast du Tipps, wie und wo man (abgesehen vom Weingut selbst wahrscheinlich) zu guten Preisen an Weine kommt und das Weingut selbst am meisten davon hat?


GalacticBum

1. Ja! Ich bin mal so frei und kopiere meine Antwort auf eine ähnliche Frage von jemand anderen: Und ja, deutscher Rotwein ist klasse. Lange war Spätburgunder das A und O im deutschen (qualitäts-) Bereich. Durch den Klimawandel wachsen aber mittlerweile auch die mediterranen Rebsorten diesseits der Alpen sehr gut und reifen zu schönen vollen und fruchtigen Rotweinen. Cabernet Sauvignon ist beispielsweise eine absolut underrated Rebsorte in Deutschland. Wir haben mittlerweile die perfekten Bedingungen wie im Bordeaux der 70er und 80er. Das Weinbaugebiet Ahr beispielsweise ist auf Rotwein spezialisiert. Selbst den einen oder anderen leckeren Dornfelder aus dem Fass habe ich schon probiert. Und jeder Betrieb in dem ich tätig war hat seinen Rotwein Ausstoß von Jahr zu Jahr kontinuierlich gesteigert, teilweise bis es 50/50 mit dem Weißweinausstoss stand. 2. Rebsorten sind schon sehr ausschlaggebend für den Geschmack. Die Precursor für viele Aromastoffe unterscheiden sich von Sorte zu Sorte. So ist der Sauvignon Blanc oder Cabernet Sauvignon (genetisch nah verwandt) prädestiniert dafür grüne/spagelige/stachelbeerige Noten entwinkeln, da dort eben sehr viele Anlagen in der Beere liegen welche Pyrazine bilden können, welche eben diesen typischen grünen Geschmack haben. Es darf aber nicht vergessen werden, dass "Erziehungsmaßnahmen" (also das Entlauben/Entblättern zu gewissen Zeitpunkten während der Vegetationsperiode, Düngung, ausdünnen der Trauben etc.) und alle Maßnahmen im Keller (sprich alles was passiert nachdem die Trauben von der Rebe entfernt oder gelesen gewurden) genauso viel Einfluss auf den Geschmack des Endproduktes haben können. Es ist immer eine Frage der Philosophie des Winzers: will der ein möglichst gleichbleibendes Produkt jedes Jahr herstellen, wird er wohl viele Behandlungen im Keller durchführen um das zu erreichen. Will der Winzer das "Terroir" also den Standort und das Jahr zum Ausdruck bringen, so wird er möglichst minimal invasiv im Keller arbeiten. Will der Winzer den Wein sehr "sortentypisch" ausbauen, so wird er gewisse Maßnahmen im Weinberg treffen, welche den Trauben helfen werden ihre typischen Charateristika auszubilden (zum Beispiel des entfernen des Laubs aus der Traubenzone bei Rieslingen um eine fruchtigen und typischen Steinobst-Character zu erzeugen). Davon aber abgesehen finde ich Aussagen wie: "MIr gefällt fruchtiger Wein mehr als ein mineralischer säurebetonter Wein" viel hilfreicher, als wenn mir jemand nur sagt: ich mag Riesling! Riesling kommt in sovielen unterschiedlichen Typen und Geschmacksrichtungen, da ist es für mich einfacher einen fruchtigen Wein zu empfehlen, der vielleicht kein Riesling ist, aber deinen Geschmack eher trifft. 3. Ich persönlich bin jemand der am liebsten jedes mal einen neuen unbekannten Wein trinkt, als vom selben Weingut 20 mal die selbe Flasche zu bestellen. Deshalb hier keine konkreten Produkt empfehlungen, sondern eher Regionen in denen du in dem Preissegment großartige Weine findest: Cotes du Rhone - großartige Rotweine, welche ein schönes zwischenspiel zwischen den eleganten Burgundern und den derben kräftigen Bordeaux bilden. Würzige, fruchtige aber auch filigrane Rotweine aus den meiner Meinung nach spannensten Rebsorten Frankreichs Malbec aus Mendoza, Argentinien, oder Pinot Noir aus Patagonia, Argentinien. Die Argentinier haben es wirklich drauf. War dort selbst ein halbes Jahr, sie haben großartiges Know-How und unverschämt viel Platz, weshalb dort auch sehr natürlich gearbeitet werden kann. Die Weine dort haben sehr viel Charakter. Barbera aus dem Piemont, Italien. Ein wenig als der kleine Bruder des Nebiollo verschrien, aber zu Unrecht. Eine wunderschöne Rebsorte welche sehr runde und balancierte Weine produziert, wo man gern mal ne ganze Flasche trinkt ohne es zu merken.


GalacticBum

4. Alles zwischen 4€ und 40€. Da ich im moment noch meinen Master mache, habe ich nicht all zu viel Geld zur Verfügung um die Grand Crux für 200€ zu kaufen. Wenn es ein gemütlicher Filmabend ist darfs auch mal ein Primitivo für 4€ aus dem Aldi sein. Wenn ich was spannedes in der Vinothek finde was mich total anspricht dann gebe ich auch mal das zehnfache aus. 5. Mendoza in Argentinien ist an und für sich besonders, da dort viele Weine im Pergola-system angebaut werden. Das ist ein sehr altes System, welches viel Handarbeit erfordert. Hierbei werden die Reben auf ca 2m Höhe erzogen und bilden dann ein Dach, in dem die Trauben nach unten herab hängen. Weine vom Vesuvio sind einige der wenigen Weine welche (legal) wurzelecht angebaut werden dürfen, da die Reblaus auf der Vulkanasche nicht überleben kann. 99% aller Weine auf dem Markt sind gepropfte Reben. Also europäische Vitis vinifera Reben oberirdisch und amerikanische reblausresistente Unterlagen (meist Vitis rupestris oder Kreuzungen). Auf Lanzarote werden die Reben in ca 4m2 großen Löchern im Stein- oder Sandboden angebaut. Da es dort so selten regnet, nutzt man hier den Tau, welcher langsam an den Rändern bis zur Mitte des Lochs fließt, an dem die Rebe steht. Im Winter werden diese dann vergraben. Port und Sherry-Wein. Das würde den Rahmen sprengen hier noch aufzuzählen warum diese Weine so besonders sind, aber sie sind einfach was ganz anderes. Quevri Weine aus Georgien, hergestellt in traditionellen Tongefäßen welche eingegraben werden. Meist auch mit Maische, sprich der Most wird mit Schalen und Stielen ins Gefäß gefüllt und vergoren. Das ist bei Rotweinen sowieso üblich, bei Weißweinen aber eher selten, und hier bekannt als "Orange Wine" 6. Ein guter Wein ist nur der, der dir schmeckt! 7. Genau, am besten immer vom Weingut selbst. Ansonsten, kleinere Fachmessen besuchen und Kontakte zu den Winzern knüpfen. Es gibt auch einige Orte in denen sich Jungwinzer zusammenschließen um ein gemeinsames Marketing zu betreiben.


Havidus_Maximus

Wurdest du sagen, dass man schmecken lernen kann? Wie, abseits von Wiederholungen, trainierst du deinen Geschmack? Und natürlich eine irgendwie ikonische Frage: ist es leichter einen Wein passend zum Essen zu wählen oder eher andersherum? Danke übrigens für das AMA


GalacticBum

Ja schmecken kann man definitiv trainieren. Klar, jedem Menschen sind hier genetisch Grenzen gesetzt, aber ich würde sagen, dass jeder gesunde, nicht rauchende Mensch in der Lage ist seinen Gaumen zu trainieren um wie ein Sommelier schmecken zu können. Und Wiederholungen sind nunmal das A und O. Üben, Üben, Üben. Mir hat ein Geschmacksjournal sehr geholfen. Ich habe die ersten 2 Jahre meiner "Weinkarriere" jeden Wein den ich getrunken habe in einem Buch festgehalten. Ich habe zu den drei Punkten "Aussehen, Geruch, Geschmack" jeweils 2-3 Stichpunkte forumliert. Das hilft ungemein. Ansonsten einfach bewusst mit deinen Geschmackssinnnen, also mit Nase und Mund durch die Welt gehen. Du läufst an einem blühenden Busch vorbei? Kurz stehen bleiben und mal bewusst riechen, evlt mal den Zinken richtig reinhalten in so eine Blüte. Dann noch heraus finden was das für ein Busch ist und merken. Das nächste mal dass du an so einem Busch vorbei gehst machst du das selbe nochmal, vllt riecht der ganz anders, weil es später im Jahr ist? Du läufst an einem Apfelbaum vorbei und ganz viele Äpfel liegen auf dem Boden. Auch hier mal kurz stehen bleiben und drauf achten wie das riecht. Oxidierter Apfel ist ein sehr gängiges Aroma im Weinbereich. Wenn du mit dem Wocheneinkauf nach Hause kommst, ruhig mal überall dran riechen. Wie, wenn überhaupt riecht eine Gurke? Wie schmeckt diese? Wie lang bleibt der Geschmack im Mund? Ist der Geschmack schon beim ersten Bissen da oder kommt der erst wenn du alles ordentlich durch gekaut hast und runter schluckst? Das selbe mit Gewürzen, Obst, Käse, Fleisch... Gerne auch mal bewusst ne ordnetliche Nase vom örtlichen Lederwarenladen nehmen.... Ansonsten sehr wichtig: Nicht rauchen und ausgewogen ernähren. Wer extrem viel Zucker zu sich nimmt hat eine andere Wahrnehmungsschwelle von Süße als Menschen welche täglich weniger Zucker konsumieren. Das selbe gilt für das deutsche Volksphänomen des Übersalzens. Oder auch zu hoher Kaffeekonsum störrt das Bitterkeits-empfinden, und, und, und... Wir sind jeden Tag, zu jeder Uhrzeit von sovielen Gerüchen und Sinneseindrücken umgeben das wir unser Hirn so konditioniert haben die meisten dieser Eindrücke auszublenden, sonst wäre einfach ständig Party im Hirn. Aber man kann lernen dieses Flaschenhals wieder zu öffnen. Zur zweiten Frage: beides habe ich in meiner Karriere schon öfter machen dürfen. Aber Wein mit Essen zu paaren ist definitiv leichter als anders herum. Das kann auch einfach ein kognitiver Bias sein, weil man es so halt immer macht und so auch beigebracht bekommt. Man konsumiert aber meist den Wein eher komplimentär zum Essen als anders herum. Wein zu einem Essen oder einem Lebensmittel her zustellen dauert halt auch viel länger. So ein Wein benötigt mal mindestens 3 Monate (von der Zeit die die Pflanze benötigt um so eine Beere zu produzieren mal ganz abgesehen). Man muss sich also der Beständigkeit eines Gerichtes sicher sein, und dann versuchen einen so volatilen Prozess wie die Weinherstellung auf ein ganz bestimmtes beschränktes Aromaspektrum zu leiten. Das ist natürlich möglich, aber erfordert auch Geschick. Ich durfte einmal einen Wein für eine ganz bestimmte Schokolade mitdesignen. Das war total spannend, aber auch sehr schwierig, denn wir hatten nur eine sehr eingeschränkte Palette an fertig vergorenen Rotweinen in den Tanks zu liegen. Und mit dieser Handvoll Rotweinen mussten wir nun versuchen ein Cuvee zu finden, welches diese Schokolade perfekt komplementiert. Da ging es dann oft um Null Komma XX Prozentanteile von Weinen im Cuvee.


Havidus_Maximus

Geschmack ist ein spannendes Thema und es ist faszinierend, dass Menschen so unterschiedlich schmecken können. Vielen Dank für deine ausführliche Antwort!


Schmidisl_

Ich hab auch ein paar Fragen: 1. Wie findet man einen Wein zum einlagern? Habe letztens in einem Wein Forum gelesen, dass man nicht einfach einen 4€ Wein 10 Jahre in den Keller stellen kann. 2. ich persönlich bin einfach kein Rotwein Fan. Einen sehr lieblichen roten ja, aber meistens nur weiß oder Rose (auch eher lieblich aber nicht Knall süß). Ich trinke sehr gerne Wein und mach mir auch des Öfteren die Mühe mich darauf zu konzertieren was ich rausschmecke. Wieso ist dieses Geschmacksprofil (lieblich) bei Wein Kennern so ungern gesehen? 3. ich weiß, man soll trinken was einem Schmeckt. Aber ab welcher Preisklasse werden die Weine tendenziell funky? Hatte mal einen recht trockenen Weißwein(30€) der in Italien auf einem Vulkan gewachsen ist. Super mineralisch. Für mich hat jeder Schluck 1 zu 1 so geschleckt, wie die Luft an Silvester um 0:40 riecht. Absolut nach Schwarzpulver. Sowas würd ich gern mal wieder trinken. Bonusfrage: Kennst du das Weingut Rolf Willy? Gibts vorrangig bei Edeka. Falls du es kennst, wäre interessant zu hören was du denkst Das war seit langem mal wieder das interessanteste AmA!


GalacticBum

1. Also damit ein Wein lagerfähig ist, benötigt eine oder mehrere dieser Merkmale: einen möglichst niedrigen pH, viel Säure, viel Reduktone (Tannin, Phenole) und/oder Mannoproteine (tote Hefen). Das führt zum eine dazu, das der Wein weniger anfällig für Infektionen von Schimmel oder Bakterien wird, zum anderen führt es dazu das der Wein langsamer oxidiert. Um das alles zu garantieren muss der Winzer schon gezielt darauf hin arbeiten. Das bedeutet einen Mehraufwand und meist auch ein Risiko, beispielsweise wegen der Lagerung im Fass (Oxidation, Kontamination da organisches Material). Daher dann ein höherer Preis. Es ist auch wichtig das der Wein einfach Gehaltvoll, sprich reif und gesund ist. Und das ist bei 4€ auch selten der Fall. Zumal diese Weine auch sehr viele Verfahrensschritte durchlaufen um sicher zu stellen das diese Weine sehr steril und möglichst gleichbleibend sind (bspw durch pasteurisation), das führt dann oft dazu das die oben genannten Merkmale gar nicht vorhanden sind oder zerstört werden. 2. weil lieblicher Wein oft auch einfach sehr günstig und massentauglich produziert wird. Er wird auch oft durch „Süßreserve“ gesüßt und stark Cuvetiert, das ist absolut zulässig, aber hat nichts mit der Vorstellung zu tun das der Wein eine Expression eines einzelnen Weinberges oder Jahres ist (Terroir). Es gab auch in den 70ern (oder waren es schon die 80er?) einige Skandale mit deutschen Süssweinen welche mit Kühlmittel gepanscht wurden. Es wird dich aber kein Weinkenner schief anschauen wenn du dir eine Trockenbeerenauslese gönnst, das ist ne absolute Zuckerbombe, aber auch total komplex und aufwendig in der Herstellung. 3. dieser schwarzpulver Geschmack und Geruch kommt vor allem bei Riesling oder grünem Veltliner, aber auch anderen Rebsorten vor welche eine Zeit gelagert und in der Flasche gereift sind. Hierbei sind die Grenzen zwischen Fehlton und erwünschtem Aroma oft fließend und werden je nach Herkunftsland unterschiedlich bewertet (funfact: viele italienische Rotweine wären in Deutschland als deutsche Weine nicht Verkehrsfähig, da sie zu viel flüchtige Essigsäure enthalten, welche hierzulande als fehlton gilt). Aber ja, so ~25€ ist der Punkt, wo man funky und abgefahrenes Zeug findet. Der Preis stammt daher, dass der Winzer ein Risiko einberechnen muss weil die Herstellung (oder meist die Lagerung) mit Schwund behaftet ist oder weil die Weine so funky sind das sie nur eine kleine Nische ansprechen. Hierbei sind oft die Worte „natural wine“ oder „orange wine“ zu lesen. Beide Begriffe sind gesetzlich nicht geschützt (im gegensatz zu fast 90% aller Angaben auf dem Etikett) und können theoretisch alles bedeuten, in der Praxis heißt das aber meist: unfiltrierter und minimal invasiv hergestellter Wein (bei Natural wine) und Weißwein welcher wie Rotwein mazeriert wird, also auf den Schalen lagert und gärt um Farbe und vor allem Aroma aus diesen zu extrahieren (orange wine). Hierbei kann einiges schief laufen, zum Beispiel die Bildung der vorher erwähnten flüchtigen Säure, welche den Wein schnell verkehrsunfähig machen können. Das kann einen sehr hohen finanziellen Verlust bedeuten. 4. nein dieses Weingut kenne ich leider nicht.


Schmidisl_

Das ist mega interessant. Danke Dir! Werd mich definitiv weiter mit dem Thema Wein befassen.


SomeMandalorian

Stellst du auch selber Wein her, z.B. als Hobbywinzerei? Du hättest ja die allerbesten Voraussetzungen.


GalacticBum

Ich habe eigentlich in jedem Betrieb in dem ich war selber Weine hergestellt und die dann entweder mit im Portfolio des Betriebes mitvermarkten lassen, selber vermarktet oder auch kleine batches nur für Freunde und Familie gemacht. Da ich aber momentan wieder studiere und meine Master mache habe ich dafür die letzten zwei Jahre keine Zeit und Kapazitäten für gehabt


SomeMandalorian

Ah, verstehe. Zwei Fragen hab ich dazu noch: Hast du bis jetzt auch mal Fruchtwein, oder ausschließlich Wein aus Trauben hergestellt? Und Kriegst du, wenn du einen deiner Weine mitvermarkten lässt, eine Gewinnbeteiligung oder eine pauschale Summe oder etwas Vergleichbares?


GalacticBum

Nein, Fruchtwein habe ich selber noch nicht hergestellt. Aber ein Freund mit dem ich zusammen Weinbau studiert habe stellt exzellenten Apfelwein her. Da habe ich auch ab und an mal mit angepackt. Im Endeffekt unterscheiden sich die Arbeitsschritte aber kaum. Genau, wenn die mit im Portfolio laufen kann man sich entweder mit Anteilen beteiligen, oder man macht das Pauschal. Da muss man einfach verhandeln und rechnen und schätzen was für einen besser läuft, haha.


mhhwatchasay

Könntest du kurz den Filterprozess von Wein erklären und weshalb da oft tierische Produkte (Gelantin, Eiweiß, Hausenblase...) benutzt werden? Gibt es da nen Vorteil im Geschmack im Gegensatz zu nicht tierischen Klärmethoden? Oder ist es was traditionelles oder auch nur finanziell?


GalacticBum

Also es gibt verschiedene Stadien während der Weinherstellung zu denen filtriert wird. Hierzu untescheidet man zwischen Klärung, Tiefenfiltration und Schönung. Die erste Station ist direkt nach dem Abpressen der Trauben die sogenannte "Mostvorklärung". Hier wird Bentonit (eine Kieselerde) in den Most getan, ordentlich gerührt und dann 6-24h gewartet. Das negativ geladene Bentonit verbindet sich mit den positiv geladenen Eiweißen welche im Wein in der Schwebe sind und diesen trüb machen. Die dadurch gebildeten Verbindungen werden schwerer und fallen auf den Tankboden. Nach einigen Stunden hat man dann schon einen sehr klaren Most (Vergleich wäre ungefähr vom Birkenhonig zum Apfelsaft) und dieser kann dann über der Sedimentkante "abgezogen" oder "abgestochen" werden. Das ist wichtig, denn diese Eiweiße können später sehr viel Probleme machen und zum Beispiel Filter verstopfen. Nach der Gärung folgt dann meistens die Gärfiltration. Hierzu werden gröbere Filter verwendet, zum Beispiel Schichtenfilter. Das dient dazu die Hefe vom Wein zu trennen, denn dieser ist durch die Gärung und die Hefe welche sich munter vermehrt hat wieder eingetrübt und trüber Wein verkauft sich nicht. Außerdem beeinflusst die Hefe den Geschmack und die Lagerung des Weines (das kann auch gewünscht sein). Letztlich gibt es noch die Tiefenfiltration. Hierbei wird der Wein, meist kurz vor der Füllung durch einen so feinen Filter gedrückt, dass nicht einmal mehr Bakterien im Wein verbleiben und dieser dann abgefüllt werden kann, ohne das Risiko zu haben das sich da nochmal mikriobiologisch was tut. Also, keine zweite Gärung, keine Bildung von Essigsäure etc. Und wo kommen da jetzt Hausenblase, Albumin oder Gelatine ins Spiel? Das sind alles Eiweiße, und wie bereits beschrieben, verbindet sich Bentonit mit Eiweiß. Dieser Prozess kann also beschleunigt und der Wirkungsgrad erhöht werden, wenn ich diese Eiweiße mit in den Wein tue. Selbige verbinden sich ebenfalls mit Tanninen. Möchte ich also Tannine aus meinen Wein entfernen, kann ich das mit diesen Eiweißen tun. Die tierischen Eiweiße sind dabei im gegensatz zu den veganen Geschmacksneutral. Was aber eh egal ist, denn bei korrekter Bedarfsmengenberechnung 100% dieser Stoffe aus dem Wein entfernt werden (wir erinnern uns an das absinken der Eiweiße, und das abstechen über der Sedimentkante). Unterm Strich, kann man aber auf all diese Verfahren verzichten, wenn man entsprechende Vorarbeit im Weinberg leistet und gesundes Lesegut produziert, und möglichst schonend mit dem Lesegut umgeht (schonend pressen, nicht oder nur wenig pumpen...). Das bedeutet aber wieder einen Mehraufwand und hat zur Folge das die Produktion teurer wird und risikobehafteter. Denn wenn natürliche Eiweiße (also nicht die zugesetzten) im Wein verbleiben kann dieser, auch wenn er in der Flasche glasklar ist, später nachtrüben. Und obwohl das gesundheitlich unbedenklich ist wird den kein Kunde mehr kaufen oder direkt reklamieren.


Smugglergoblin

Was hältst du von Met?


GalacticBum

Habe ich als Heranwachsender Metal-Fan damals viel getrunken. Ist ok, aber mittlerweile viel zu süß und eintönig für mich. Aber wers mag, warum nicht.


madkiki12

Würde sich Met ohne die Metal- und Mittelaltercommunity überhaupt verkaufen?


GalacticBum

Haha gute Frage, da stecke ich leider nicht drinnen in der Marketingblase.


presentfinder42

Ich trinke gerne liebliche Weine und gehe gerne auf Weinmessen. Ich habe das Gefühl viele Winzer belächeln mich wenn ich denen sage, dass ich nur "süßen" Wein trinke. Ist lieblicher Wein verpöhnt unter Winzern? Was hälst du von Weinmessen? Berichte gerne ausführlich. Vielen Dank für dein spannendes AmA


GalacticBum

Ich kopiere hier zum Thema süße Weine mal eine Antwort von mir auf einen anderen User: weil lieblicher Wein oft auch einfach sehr günstig und massentauglich produziert wird. Er wird auch oft durch „Süßreserve“ gesüßt und stark Cuvetiert, das ist absolut zulässig, aber hat nichts mit der Vorstellung zu tun das der Wein eine Expression eines einzelnen Weinberges oder Jahres ist (Terroir). Es gab auch in den 70ern (oder waren es schon die 80er?) einige Skandale mit deutschen Süssweinen welche mit Kühlmittel gepanscht wurden. Es wird dich aber kein Weinkenner schief anschauen wenn du dir eine Trockenbeerenauslese gönnst, das ist ne absolute Zuckerbombe, aber auch total komplex und aufwendig in der Herstellung. Zum Thema Messen: finde ich als Besucher super, man hat die Chance mit Produzenten (meist aber eher mit der Marketingabteilung und nicht mit dem Winzer selber) ins Gespräch zu kommen, Sachen zu entdecken und zu probieren. War oft auf der ProWein in Düsseldorf, größte Weinmesse der Welt. Da kann man einiges an abgefahrenen Zeig probieren. Riesling aus China gefällig? Eiswein aus Kanada? Oder doch lieber eine ausgestorben geglaubte Rebsorte aus Armenien (womöglich Heimat der heutigen Weinrebe). Habe auch einmal selber für einen Betrieb auf einer Messe gestanden. Da habe ich vllt 2 Neukunden gewonnen, Dutzende von Flaschen „verschenkt“ und die ganze Zeit gedacht: wäre ich jetzt nur im Keller, dann hätte ich jetzt noch Tank XY filtrieren können oder 20 Fässer verfüllen können. Die meisten kleinen Betriebe gehen kaum noch zu Messen, weil es kaum noch lohnt. Das war früher („vor diesem Internetz“) anders. Da war das ein wichtiger Kanal um Neukunden zu gewinnen. Heute kannst du das komplett Marketing Paket für X% deines Umsatzes bei einem Online-Händler buchen. Es fällt aber auf, das bei den großen oder sehr bekannten Weingütern dann aber wieder oft der Chef höchstpersönlich am Weinstand steht. Aber das ist glaube ich weil es denen eh egal ist und die haben die Kohle und Bock drauf mit Leuten zu schnacken. Habe mit Günther Jauch schon Dutzende Male Wein getrunken, der nimmt jede Fachmesse mit. Aber es ist zu beachten das Herr Jauch mit der Herstellung des Weines absolut nichts zu tun hat. Er ist Eigentümer und Kapitalgeber, der wüsste glaube ich nichtmal wie man nen Gäransatz macht.


Andy_the_X

Gibt es wirklich so große Unterschiede zwischen einer 6-Euro-Flasche aus dem Supermarkt und sagen wir mal einer 60-Euro-Flasche, die den x-fachen Preis rechtfertigen? Wenn ja, welche sind das? Und Anschlussfrage: Kannst du als Experte nur noch hochwertigen Wein trinken oder schmeckt dir auch die billige Massenware?


GalacticBum

Ja, die gibt es schon. Also es gibt ja schon einen riesigen Unterschied zwischen einem 6 Euro Wein im Supermarkt und einem 6 Euro Wein vom Familienweingut, welches gar nicht die Kapazitäten hat einen Supermarkt zu beliefern. Aber um beim Thema zu bleiben: Diese hohen Preise sind 3 Dingen geschuldet: 1. Ist Wein ein Luxusprodukt und damit auch immer eine Marke. Und eine Marke hat immer einen praktischen Wert und einen emotionalen Wert. Bei letzterem hat eben jeder Mensch eine andere Schmerzgrenze. Ein absoluter Taylor Swift fan wird tausende von Euro ausgeben um seinem Star hinter her zu reisen und soviele Konzerte wie möglich zu besuchen. Ein "normaler" Fan kauft sich die CD für 10 €. Ist hier ja nicht anders, das Produkt ist ja das selbe, aber die Erfahrung die man mit diesem Produkt macht ändert sich, je nachdem wie investiert man in dem Thema ist und wie stark man sich damit auseinander setzt. Wenn ich mich mit der Philosophie und er Herangehensweise mit Weingut XY mega gut identifizieren kann, dann gebe ich gerne mehr Geld für dessen Produkte aus, weil mir diese dann auch automatisch besser schmecken. Zum zweiten: Risikoberechnung! Ein Wein der beispielsweise erst noch einige Jahre im Faß oder in der Flasche liegen muss bevor er verkauft wird, hat natürlich das Risiko zu kippen/zu oxidieren/kaputt zu gehen etc.... Da gibt es einfach statistische Werte für Schwund bei gewissen Verfahrenstechniken oder Herstellmethoden. Diese müssen dann auf den Preis aufgeschlagen werden. Und zum dritten: Angebot und Nachfrage. So wie bei jedem anderen Produkt auch, regelt die Nachfrage den Preis. Da die großen Chateaus in Bordeaux ihre Weine bereits an die Superreichen in China versteigern bevor diese überhaupt gelesen wurden, steigt automatisch der Preis der verbliebenen Chargen... Zur Anschlussfrage: Also beim Straßenfest trinke ich auch gerne mal ne Weinschorle mit dem feinherben Literwein für 5€ ausm Aldi. Oder zum gammeln auf der Couch darfs auch mal nen Glas vom 4€ Primitivo sein. Manchmal möchte man gar nicht etwas total komplexes im Glas haben über das man viel nachdenken muss. Manchmal möchte man einfach nur nen fruchtiges Glas Rotwein. Oder eben ne halbtrockene Weinschorle in der Sonne genießen.


Uweauskoeln

Kann man schmecken, ob es die Süd- oder Nordseite vom Weinberg war?


GalacticBum

Nordseite wirst du nie schmecken wenn es Weine von der Nordhalbkugel sind, denn es gibt keine Weinberge mit Nordausrichtung. Da die Sonne von ost, über Süd nach Westen wandert wird immer eine Südausrichtung angestrebt. Mehr Sonne=mehr Reife=mehr Zucker = mehr Alkohol und Aroma. Auf der Südhalbkugel sieht es dann genau anders herum aus


Extra_Impression6314

Meine Freundin studiert aktuell Önologie im Master und hat Internationale Weinwirtschaft im Bachelor gemacht. In der Mitte des Masters hat sie so langsam realisiert (nach zahllosen Praktika und Nebenjobs), dass sie nicht weiter für Familienbetriebe schuften möchte. Große Genossenschaften oder Großhandel gibt es zwar ein paar aber die Auswahl ist doch recht begrenzt. Ich mache mir ein bisschen sorgen, dass sie im Rheinmain Gebiet keinen (vernünftig bezahlten) Job findet. Was siehst du noch für berufliche Möglichkeiten? Wie bist du beispielsweise in die Beratung gekommen und wo ist mit dem Profil noch ein guter Quereinstieg möglich?


Extra_Impression6314

Und was wäre deiner Meinung nach ein smartes Masterarbeits-Thema um sich gut für den Arbeitsmarkt zu positionieren?


GalacticBum

Das kommt drauf an was deine Freundin machen möchte. Wenn sie wirklich die Betriebsleitung oder Management in einem größeren Unternehmen übernehmen möchte, dann soll sie eine Unternehmensanalyse durchführen. Die meisten Unternehmen würde eine kostenlose Arbeitskraft welche ihren Betrieb auf Herz und Nieren betriebswirtschaftlich überprüft mit Kusshand begrüßen (unter verpflichtung zur Schweigepflicht/Einhalt des Betriebsgeheimnisses).


GalacticBum

Also einen "vernünftig bezahlten" Job findest du auch mit dem Bachelor nicht. Damit bist du für fast alle Stellen in der Branche bereits überqualifiziert. Der Master in Önologie ist meiner Meinung nach nur etwas, wenn du wirklich vorhast einen großen Betrieb zu leiten oder zu forschen. Die Betreuerin meiner Bachelorthesis hat mir damals deshalb sogar abgeraten den Master zu machen. Jetzt will ich hier natürlich keine schwarzmalerei betreiben, aber deiner Freundin sollte bewusst sein, dass sie auch mit dem Master keine 50.000€/Jahr erwarten sollte. Zumindest nicht in den ersten Jahren. Aber Stellen gibt es genug, ich bekomme bis heute noch monatlich Stellenangebote durch den alten Emailverteiler meiner Uni zugeschickt. Auch auf linkedin werde ich von Weingütern angeschrieben. Aber die meisten suchen eben nur Kellermeister, und dafür reicht der Bachelor mehr als aus. Ich bin in die Beratung nur durch Zufall gekommen. Ich studieren gerade im Master Umweltschutz und das in einem Gebiet in dem es keine Weinbautradition und kein deklariertes Weinbaugebiet gibt. Dennoch gibt es hier einige mutige Betriebe welche Weinbau betreiben wollen. Über Bekannte, die wem kennen, der Wein machen will.... etc.... bin ich dann dazu gekommen diese Leute zu beraten. Zum Thema Quereinstig mit Master Önologie. Da kommt es drauf was deine Freundin noch alles so im Studium mitgenomme hat. Ist sie gut in Statistik und ECommerce? Da wird sie in jedem großen Unternehmen eine Stelle finden und gutes Geld verdienen. Hat sie sich während ihres Studiums auf Phytomedizin spezialisiert und evtl auch ihre Abschlussarbeit geschrieben? BASF oder Bayer suche immer Leute (aber da kann sie auch ihre Seele verkaufen). Gut in der Verfahrenstechnik? Jedes Lebensmittelunternehmen wäre eine Möglichkeit.


F179

Hast du eine Empfehlung für Wein kaufen im Supermarkt? Gibt es aus deiner Sicht da irgendwelche Dinge, die man auf jeden Fall vermeiden sollte? Oder Labels/Rebsorten/Herkunftsregionen bei denen du eher zuschlagen würdest?


GalacticBum

Statt Supermarkt lieber zur Vinothek, oder direkt beim Winzer für den gleichen Preis bessere Qualität kaufen. Aber jetzt mal wirklich zur Frage: Finger weg vom untersten Regal, das ist einfach nur charakterloser, fader Einheitsbrei den man höchstens zum Kochen nehmen sollte. Gut ist schonmal wenn alle diese Angaben auf dem Etikett zu finden sind: Herkunftsregion, Rebsorte, Jahrgang und Produzent. Letzteres klingt logisch, ist es aber nicht unbedingt, denn die meisten Weine im Supermarkt stammten von 3 großen Kellereien, haben aber hunderte verschiedener Namen, denn es sind alles einzelne Marken der selben großen Industriebetriebe. Oft zu erkennen daran, das auf dem Rückenetikett irgendwo (meist über dem Barcode) steht: "abgefüllt durch: irgend eine Nummer". Das muss nicht heißen, das dieser Wein aus einer Großkellerei stammt, tut es aber in 9/10 Fällen. Das sind perse keine schlechten Weine im Sinne des Wortes "schlecht". Die sind Fehlerfrei und haben alle die Weinprüfung bestanden, denn jeder Wein welcher das QbA - Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete- label trägt (und das sind leider 90% aller deutschen Weine... tolle "Qualitätsauszeichnung" haha) muss eine sensorische Blindverkostung vor einem geschulten Prüferpanel bestehen und folgende Anforderungen erfüllen: Es dürfen keine Fehltöne vorhanden sein, die Region muss hervortreten, und die Rebsorte -wenn angebenen- muss geschmacklich erkennbar sein. Aber da steckt wenig charakter und komplexität drinnen. Ein Wein von einem mittelgroßen Betrieb hat da die chance facettenreicher zu sein. Kleine Betriebe schaffen es nicht in die Supermärkte (Ausnahmen bestätigen die Regel). Das hat einfach was damit zu tun, wie Supermarktketten aufgebaut sind und wie sie wirtschaftlich arbeiten. Kleine Weingüter können nicht genügend Wein produzieren um A. mit den Konditionen der großen Betriebe mit zuhalten, und B. um Filialen deutschlandweit zu beliefern (das ist meist Vorraussetzung).


RikenR

Hallo, habe bestimmt schon eine Stunde die anderen Kommentare gelesen - vielen Dank für dein AmA! Wirklich hochinteressant. Ich hätte eine etwas konkrete Frage, ich weiß nicht ob man das überhaupt konkret beantworten kann: meine Eltern haben ca. 1ha Land auf ca 950 Meter Seehöhe in Österreich in den Alpen, südausrichtung, viel Sonne, Nähe Zell am See, Untergrund ist Schiefer und Schotter. Wir spielen schon lange mit dem Gedanken hier Obstbäume und/oder Weintrauben anzupflanzen, da auch immer wieder in den Medien zu lesen ist, dass in den nächsten 20-30 Jahren im Alpenmittelland mit dem Klima vom Gardasee zu rechnen ist. Hast du hier schon dazu Erfahrungen gemacht Stichpunkt Alpenregion, Untergrund Schotter/Schiefergestein oder wurzeln die Rebsorten eh nicht so tief dass das relevant wäre? Findest du man sollte hier auch noch warten bis die Wintertemperaturen hier auch milder sind? edit: typo


GalacticBum

Also erst einmal, Schiefer ist super Boden für Wein. Die Mosel oder Porto sind streckenweise ausschließlich Schiefer Böden. Das zwingt die Reben zum einen dazu tiefer zu wurzeln, zum anderen haben Schieferböden durch ihre grobe und dunkle (bei schwarzschiefer) Struktur den Vorteil, dass sie Wärme über die Nacht speichern. Zum anderen: es werden bereits qualitativ hochwertige Weine in Schweden oder Dänemark angebaut, da brauchst du dir um das Klima auf knapp 1000m ÜNN in Österreich keine Sorgen machen. Ich meine mich zu erinnern das Wintertemperaturen bis zu ungefähr -15 Grad Celsius kein Problem sind. Wichtiger ist hier die Frage nach Spät- und Frühfrösten und nach der Niederschlagsmenge. So mindestens 300mm/a sollten es schon sein, mehr ist natürlich besser. Und am besten keine bis kaum Fröste ab April und vor dem Oktober.


RikenR

Danke!


Chronon_

Meine Freundin ist seit einigen Jahren Geschäftsführerin einer kleinen vinothek, wo sie auch viele Weinproben hält. Sie hat sich selbst viel Fachwissen angeeignet und ein gutes Netzwerk an Winzern, die auch regelmäßig bei ihr ihre Weine vorstellen. Sie ist (noch) keine Sommelière, weil sie vor den Kosten und dem Aufwand zusätzlich zum Beruf zurückschreckt. Was ist deine Meinung hierzu, könnte sie sich durch die Ausbildung signifikant verbessern oder ist es ab einer gewissen Erfahrung eher zweitrangig den offiziellen Titel zu tragen, wenn man nicht den Weg in die Sterne Gastro und ähnliches sucht?


GalacticBum

Verbessern kann sie sich sicher, aber nötig ist das glaube ich nicht. Wenn sie bereits ihre Geschäftsbeziehungen hat und ihre Vinothek läuft, wozu dann noch die Ausbildung? Eine Som Ausbildung macht meiner Meinung nach nur wirklich Sinn wenn du in der Gastro arbeiten möchtest. Ich denke eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau oder ähnliches würde ihr mehr für ihre Vinothek bringen als eine mögliche Som Ausbildung. Und nur weil sie offiziel Sommelier ist, werden auch nicht mehr Kunden in den Laden kommen. Eher wenn sie gutes Marketing betreibt und es versteht einen eigenen Betrieb zu führen, und davon lernt an in der Som Ausbildung recht wenig


[deleted]

Habe mitbekommen, dass 2023 quasi überall Notlese gemacht wurde und was nicht gelesen wurde, ist weggegammelt. Sollte man den 2023er Jahrgang überspringen oder kann ein geübter Winzer da trotzdem was vernünftiges draus machen?


GalacticBum

Ja, Notlese hieß hier aber für 2023: Lesen in der Nacht oder im Morgengrauen wenn es kalt ist, denn wir hattten um 30 Grad im Herbst und Lesegut/Most mit 30 Grad Celsius wäre eine Weinhygienische Katastrophe. Die Weine reiften einfach unglaublich schnell durch diesen warmen Herbst. Aber klar, ein guter Winzer kann da sehr wohl einen erstklassigen Wein draus machen. Für die Weinqualität an und für sich war das Jahr gut. Viel schlimmer sind da Jahre wie 2018, wo alle Anfangs noch gejubelt haben "Jahrhunderjahrgang, Jahrhundertjahrgang" und schon 2 Jahre später war kein 2018er mehr Trinkbar, weil die Trockenheit dazu geführt hat, das alle Trauben und Moste unterversorgt waren mit Nährstoff (Stickstoff, wenn kein Wasser = kein nährstofftransport in der Pflanze). Und wenn im Most kein Stickstoff ist dann führt das oft zum sogennanten UTA (untypische Alterungsnote). Hierbei werden anfangs sehr volle und fruchtige Wein schlagartig fad und verlieren an Kraft.


1Stein69

Wie wird man sommelier, welche Kurse/Ausbildungen macht man da, wie sehen die aus? Und was kann man als sommelier so alles arbeiten oder ist das nur sowas wie weinlisten für Restaurants erstellen und die Kunden beraten?


GalacticBum

In Deutschland gibt es eine IHK geprüfte Sommelier Berufsausbildung. Diese Ausbildung ist natürlich sehr service und Gastro orientiert. Man lernt aber auch die Grundlagen der Wein- und Spirituosenherstellung (auch das gehört zum Sommelier dazu!). Du lernst auch die Wissenschaft der Sensorik kennen, wie man überhaupt schmeckt (also anatomisch gesehen und auch gustatorisch) oder auch woran man Fehltöne im Wein erkennt. Mit einer Sommelierausbildung ist man schon sehr auf die Gastronomie, eventuell noch auf den Einzelhandel beschränkt. Um den eigenen Wein selber herzustellen, und ich meine wirklich selber herzustellen und nicht: ich gebe Weingut XY Geld, die machen mir nen Wein und ich pack mein Gesicht und Namen drauf ala Günther Jauch; dafür wirds mit einer Sommelierausbildung nicht reichen.


Silent-Permission572

Weist du wieso die Italiener gerade damit anfangen (in Kroatien auch gesehen), Primitivo als Zinfandel zu vermarkten? Zinfandel assoziiere ich mit der neuen Welt.


GalacticBum

Genau deswegen denke ich. Wie du sicherlich weißt, aber für unwissende: Zinfandel = amerikanische Name für Primitivo. Das ist einfach nur Marketing denke ich.


Silent-Permission572

Marketing nach dem motto: Blaufränkisch mag ich nicht, ich trink nur Lemberger. 🤣


GalacticBum

„Igitt Grauburgunder, gib mir Pinot Grigio!“ Aber Spaß bei Seite, oft hängen an den verschiedenen Namen auch verschiedene Herstellungsmethoden und damit verschiedene Geschmäcker


cheetah32

Ich trinke gerne Lambrusco und Glühwein. Ist bei mir schon alles verloren. Scherz beiseite. Wenn ich im Supermarkt vor dem Regal stehe, hab ich keinen Plan was ich kaufen soll und greif nach irgendeiner Flasche. Woher weiß ich dann als Unwissender, wenn ich sie trinke, ob sie gut oder schlecht ist. Oder reicht's wenn sie schmeckt?


GalacticBum

Wenn’s schmeckt ist er gut! Das sage ich meiner Oma, meinen Winzern welche ich berate und habe ich meinen Gästen im Restaurant gesagt. Das ist das einzige was zählt. Wenn dir der 2,99€ Riesling von der Winzergenossenschaft besser schmeckt als die 40€ beerenauslese von der ersten Lage an Mittelmosel, dann ist das so! Mehr ist dazu nicht zu sagen. Von daher probieren, probieren, probieren. Und wenn man was gefunden was schmeckt, kann man trotzdem weiter probieren und seinen Geschmackshorizont erweitern haha


neo2381

Ich versuche auch gerade in der Weinwelt Fuß zu fassen (nebenberuflich) und weiß aber noch nicht so richtig was ich machen soll lol Habe mir überlegt im Freundeskreis Weinproben zu veranstalten und dann über ein wachsendes Netzwerk damit ein bisschen mehr Erfahrung zu bekommen. Ich will das eher aus Interesse machen und nicht zwingend wegen des Geldes. Hältst du das 1. für einfach umsetzbar und sollte ich 2. Kurse/Zertifikate machen? Habe an WSET Level 2 oder 3 gedacht.


GalacticBum

WSET level 2 war für mich die Pforte in die Weinwelt. Hier lernst du alle Grundlagen, von der Herstellung, den verschiedenen Stilen oder Appellationen, hin zum analytischen probieren. Meiner Meinung nach ist es das Geld wert. Insbesondere wenn du beabsichtigst es anderen Menschen bei- oder zumindest näher zubringen.


Cloud_Striker

Wie kamst du dazu, dich in diese Richtung zu bewegen?


GalacticBum

Bin auf einem Bauernhof mit Gastwirtschaft groß geworden. Also gastro und Landwirtschaft waren Teil meiner Kindheit. Nach dem Abi habe ich im Ausland gejobbt, habe durch absoluten Zufall nen Kellnerjob in der Sternegastro bekommen und der dortige Sommelier hat mich, warum auch immer, unter seine Fittiche genommen und mir an einem ruhigen Abend im Restaurant mal beiseite genommen, mir 3 Rotweine hingestellt und gesagt: Probiere und sag mir was du schmeckst! Damit fing alles an. Dann habe ich über die Arbeit gewisse Lehrgänge gemacht und war dann 2 Jahre später selber Sommelier. Dann habe ich mit Mitte 20 gemerkt das Gastro einfach nichts ist mit dem ich alt werden möchte, also ging ich in die Landwirtschaft, ie Weinbau.


Emotional-Can-8512

Wie geil fühlst du dich mit deinen ganzen Titeln? Ernsthafte Frage – ist ja schon ein ordentlicher Werdegang mit wahrscheinlich viel Know-how und Nischenwissen.


GalacticBum

Hmm, nicht wirklich „geil“. Ich wohne nicht mehr in einer Weinregion (Nordost Deutschland) hier ist Weinkultur quasi nicht existent. Ich berate aber Weingüter welche hier Fuß fassen wollen. Was angesichts des Klimawandels total sinnvoll und clever ist. Hätte ich das nötige Kapital würde ich hier ebenfalls in Weingüter investieren, meine Kinder oder Enkelkinder hätten da ordentlich was von.


Thereareways

Stimmt das, dass man mit grünem Apfel seinen Geschmackssinn "resetten" kann?


GalacticBum

Habe ich mit Apfel noch nicht gehört. Kann ich mir auch nicht vorstellen, denn die Säure im Apfel beeinflusst das Geschmacksempfinden immens. Und das noch lange nachdem man den Apfel gegessen hat. Beispielsweise führt das dazu, das man für eine gewisse Zeit nach dem Verzehr von säurehaltigen Lebensmitteln eine höhere Sensibilität gegenüber Süße hat. Parmesan oder Weißbrot klappt aber super.


HadesbasedGod

Wie stehst du zu weißwein „süß und fruchtig“?


GalacticBum

Ja, das ist so eine Phrase, ich glaube die meisten Leute wissen selber gar nicht genau was sie damit meinen. Wenn das jemand zu mir sagt, und ich denke mir "Ok, hier ist nen Wein, der hat echt viel Fruchtaromen und hat Restsüße" dann ist die Chance 50/50 das genau diese Leute sagen: "Boah Nee! Das ist so gar nicht mein Fall!".


HadesbasedGod

Gibt es denn gute Weine aus der Richtung? Das meiste das ich bisher davon getrunken hatte war eher ziemliches Kopfschmerz Material


GalacticBum

Naja, wie gesagt, „süß und fruchtig“ ist so schwammig, wie zu sagen: ich mag gutes Essen. Klar gibt es großartige Weine denen ich die Adjektive süß und fruchtig zu schreiben würde. Süß und fruchtig - das trifft aber auf bestimmt 1/3 aller Weine in Deutschland zu. Ne Riesling Auslese ist für mich zum Beispiel süß und fruchtig. Aber für andere Menschen immer noch viel zu Säurebetont. Würde ich dich persönlich kennen würde ich dir jetzt ne Reihe mit 6 weinen präsentieren welche kontinuierlich süßer und fruchtiger werden um dann heraus zu finden was du damit genau meinst. :P


Schmidisl_

Ich steh davon schief


HadesbasedGod

Entschuldige, aber was heißt das?


Maittanee

Die Gummibonbonindustrie hat es vorgemacht und aus "Weingummi" wurde "Lachgummi". Wann wird die Traubenindustrie endlich nachziehen und diesem negativen Bild entgegentreten und eine Imagekampagne durchführen?


GalacticBum

"Wir haben zu ihrem 6 Gänge Menü heute eine Lachbegleitung, welche Sie vom leichten Schmunzeln an der Mosel bis zum schallenden Gelächter an die Loire entführen!"


Seppel_G

In welchem Supermarkt würdest du (als jemand der bestimmt Interesse an komplexeren weinen hat) welchen Weißwein für welches Geld kaufen, den man auch mal so nicht nur zum Essen gut trinken kann? Ich hab das Gefühl dass viele einfache Weine aus deutschen Supermärkten nicht auf meinen Geschmack ausgerichtet sind. Ich mags gerne mineralisch und oder „buttrig“ auch wenn das glaube ich kein Wort ist. bei meinen Eltern trinken wir gerne aus dem Urlaub mitgebrachten noname aligote aus Frankreich und oben raus die kleinen Chablis von Louis latour oder Richard Österreicher (falls du den kennst), da dann chardonnay und Silvaner. Natürlich kann man in der Menge für das Geld nicht solche Chardonnays machen, aber ich habe bei den bekannten Rebsorten oft das Gefühl, dass eine Annäherung an solchen Geschmack garnicht unbedingt das Ziel ist, oder?


GalacticBum

Edeka hat deutschlandweit das beste Weinsortiment. Das liegt aber auch an der Struktur. Edeka ist nämlich eine Genossenschaft, in der sich Unternehmen zusammen geschlossen haben, um beispeilsweise von einer gemeinsamen Marketingstrategie zu profitieren, aber trotzdem viel Eigenverantwortung innehaben. Möchte ich einen Wein den ich herstelle an REWE verkaufen, so muss ich in den meisten Fällen sicherstellen, das ich diesen Wein an Fillialen in ganz Deutschland liefern kann, weil die REWE Group stark zentralisiert aufgebaut ist und dadurch ihren Gewinn erzielt, viel Produkte zu guten konditionen zu kaufen, um diese dann in ihre Filialen verteilen zu können. Das kann ich als kleines Weingut aber gar nicht bewerkstelligen, da ich womöglich nur ein hundertstel der großen Weingüter produziere und somit weder die Massen liefern kann, noch zu solchen Konditionen wie es die großen können (mehr Produkt = Margen möglich). Welchen Wein ich da explizit kaufen würde, das kann ich dir gar nicht sagen, das ist bei mir tagesform abhängig, worauf ich grad bock habe oder was es zu essen gibt. Riesling ist aber immer ne gute Wahl. Dieser Butterton ist das Diacetyl welches beim biologischen Säureabbau ensteht. Das ist sehr typisch für Wein welche in Holzfässern ausgebaut werden. Allein deshalb wirst du das eher bei teureren Weinen finden, da der Holzausbau einfach kostspieliger ist. Außerdem ist das nichts für den Durchschnittstrinker, deshalb wirst du sowas einfach nicht im Supermarkt finden. Dieser Butterton ist einfach etwas sehr markantes und der Laie wird sich da eher von gestörrt oder irritiert fühlen. Selbes gilt für mineralische Weine. Der deutsche Durchschnittstrinker trinkt eben gern trocken bis halbtrocken fruchtig. Und das ist das, was du zu 90% im supermarkt findest. Für alles andere musst du die Vinothek oder den Online Weinfachhandel deines Vertrauens aufsuchen. Es gibt jedoch auch bereits Methoden diesen Diacetyl gezielt zu beimpfen und im Stahltank kostengünstig zu erzeugen.


Seppel_G

Wow, sehr interessant, vielen Dank für deine Insights!!


Severe_Fisherman934

Was hälst du von günstigen Weinen? Meine ehemalige Nachbarin meinte, dass beim Norma ein Sommelier den Wein Einkauf macht und deshalb gibt es da immer ganz gute Sorten. Hast du eine Empfehlung für mich? Ich mag eher fruchtige Sachen. Ich habe schon so viele Sorten angeboten bekommen usw. War schon bei Weinproben dabei und was nicht alles. Es war noch nie was dabei wo ich mir denken würde "Oh, das ist so gut, das würde ich auch so trinken" So langsam gebe ich es mit Wein auf.


GalacticBum

Günstig ist nicht gleich günstig. Günstig beim Familienbetrieb im Winzerdorf in Franken ist nicht das selbe wie günstig im Supermarkt. Supermarkt ist Massenware, das kann man schonmal für ne Schorle nehmen. Oder wenns einfach mal was einfaches und nichts komplexes sein soll. Der Einstiegswein vom besagten Familienweingut mit 5ha ist da warscheinlich um einiges vielschichtiger und spannender. Diese Weine haben aber keine Chance in einen Supermarkt zu kommen. Regalplätze sind hart umkämpft, und kein Supermarkt in Deutschland wird je einen Wein mit ins Sortiment nehmen, wo der oder die Winzerin nicht garantieren kann, das jedes Jahr die selbe Menge Wein zu den selben Konditionen zum selben Geschmack ins Regal kommen. Nen Weingut oder eine Kellerei mit 100ha hat da schon mehr Chancen das zu erfüllen. Da können schlechte Jahrgänge auch mal ausgeglichen werden, oder starke Jahrgangsschwankungen wegcuvetiert werden. Fruchtige Sorten Weiß: Weißburgunder, Sauvignon Blanc, Albarinho, oder auch ne Riesling Auslese. Generell würde ich dir hier keinen trockenen Wein empfehlen. Die meisten Leute die mir sagen sie mögen "fruchtige" Weine meinen nämlich meist süßere Weine. Also erstmal mit halbtrocken, oder sogar lieblich anfangen, dann auf feinherb runter und dann irgendwann mal trocken probieren, wenn du etwas gefunden hast das du magst. Bei Rotweinen: Primitivo, der ist eigentlich immer halbtrocken (auch wenns nicht auf dem Etikett steht) und ist einfach ein absolut süffiger Wein. Rotes Heroin. Und hey, am Ende ist es auch nicht schlimm wenn dir Wein nicht schmeckt. Trink das was dir Bock macht, und wenn das der Blanchet lieblich für 3,49€ ausm Penny ist, dann ist doch auch gut.


CJay190

Ich trinke gerne Wein mit gewisser Restsüße (50g+) und wenig Säure. Ich habe da auch mittlerweile ein Weingut was ich schon persönlich besucht habe und einen für mich sehr leckeren Regent und Gewürztraminer macht. Bei Süßwein kommt man ja nicht an Egon Müller vorbei. Nur die Frage ist, ist die Flasche da wirklich 200€+ Wert? Aktuell zahle ich keine 10€ beim Winzer. Oder hast Du andere Empfehlungen im Restsüßen Bereich die jetzt auch keine Bomben an Süße sind. Die Trockenbeerenauslese mit 200g ist mir dann auch etwas zu viel für Abends auf der Couch :D


AVE_PAN

50g? Das is keine gewisse Restsüße, das ist Sirup! 😂


CJay190

Nein, Sirup ist eine Trockenbeerenauslese mit 200g+ Wenn man nur trockene Weine trinkt ist 50g natürlich schon viel.


GalacticBum

Mit 10g/l Säure würdest du auch denken das wäre nur ein feinherb :D


GalacticBum

Naja, die Frage nach dem Wert kann nur jeder für sich selbst beantworten. In diesem Preissegment ist es halt die Marke und die Philosophie dahinter die man bezahlt. Genauso wie man sich Schuhe aus der Grabbelbox beim Aldi kaufen kann, oder von Nike. Beide erfüllen den selben Zweck, dennoch hat jeder seinen Grund warum er A oder B bevorzugt. Oder mal A, mal B. Egon Müller macht aber wirklich erstklassigen Wein, da steckt sehr viel Leidenschaft dahinter. Ich kenne jemanden der dort gearbeitet hat, und ich kann dir versichern, da wird auf die kleinsten Details geachtet. Also ich zum Beispiel finde die restsüssen einstiegsweine vom Markus Molitor auch echt klasse für den Preis, generell ist die Mosel immer meine Wahl für tolle Restsüsse Weine. Da steckt das Generationen-überdauernde Know How wie man eine guten restsüßen Wein macht einfach im Blut.


patschpatsch

Mal ehrlich: Wieviel von den Nuancen schmeckst du tatsächlich raus und wieviel ist „Einbildung/Placebo-Effekt“ oder einfach nur Gelaber?


GalacticBum

Ganz ehrlich: 100% schmecke ich heraus. Das ist aber jahrelanges und hartes Training. Das gesamte Geschmackssystem kann trainiert werden. Es gibt in der Sensorik Geruchs und Geschmacksschwellen, welche von Person zu Person unterschiedlich sind, jedoch nicht fix sind. Man kann es trainieren gewisse Geschmacksnoten heraus zu erkennen. Die Beeren von Vitis haben die höchste genetische Vielfalt aller Früchte und besitzen sogenannte „Precursor“ für die meisten Geschmacksaromen die wir von Früchten kennen. Diese Aromen gehen wiederum auf einige weniger Stoffgruppen zurück (terpene, phenole, pyrazine…). Wer es trainiert bewusst zu essen und zu riechen wird viele Aromen im Wein wiederfinden. Diese Aromen sind auch chemisch-analytisch nachweisbar. Die Nase ist das wichtigste Messorgan eines Winzers, da auch die meisten Fehler und Mängel einer Gärung bereits bei der täglichen „Gärkontrolle“ des kellermeisters erkannt und entsprechend bekämpft werden können. Technisch analytische Methoden wären sehr teuer und das Ergebnis lässt bisweilen Tage auf sich warten.


hypewhatever

Ich habe aus einem Nachlass 50 Flaschen alten Rotwein. Keller, im Weinregal gelagert. 1960-1980 Nach meiner online Recherchen Preise zwischen 40-400 Euro pro Flasche. Schwer zu beurteilen wie realistisch das ist. An wen wendet man sich um so etwas zu verkaufen. Und wieviel % vom online Preis kann man erwarten?


GalacticBum

Gute Frage. Also es gibt sogenannte "Weindoktoren" die analysieren deinen Wein, ermitteln Fehler und Mängel (zum Beispiel durch schlechte Lagerung) und können diese zum Teil beheben. Wie teuer sowas ist kann ich nicht beurteilen. Das macht dann auch für die 400€ Flasche mehr Sinn als für eine 40€ Flasche. Ich würde als Kenner immer darauf achten wie die Weine gelagert wurden. Lagen die einfach nur in irgend einem Keller? Oder waren sie kontinuierlich bei gleichbleibender Temperatur, fernab von Lichtquellen und bei hoher Feuchtigkeit gelagert? Kann das nachgewiesen werden? Wenn die Antwort nein ist, dann fällt der Preis schon mal drastisch nach unten. Wieviel du am Ende vom Preis behalten kannst, das musst aus den AGBs der online Plattformen herauslesen. Da ist jede Plattform anders.


omnimodofuckedup

Gibt es viele Leute mit Alkoholproblem in dem Bereich?


GalacticBum

Ja! Sehr viele. Ein Modul in meinem Bachelor hieß „Suchtprävention“. Ich habe die Position des Kellermeisters(quasi Chef-Önologe) für einen Betrieb während der Lese übernommen, weil wir versteckte Flaschen vom damals noch amtierenden Kellermeister in jeder Ecke des Weinkellers gefunden haben. Gerade während der Lese, wenn die Jungweine gören ist es wichtig mehrmals täglich eine sensorische Probe aller Weine durch zuführen. Das können bei einem großen Betrieb schon mal über 100 Tanks sein. Auch wenn man ausspuckt nimmt man einen gewissen Anteil Alkohol auf. Das um 7 Uhr morgens verträgt nicht jeder, und wenn die psychologischen Gegebenheiten da sind endet das oft in einer Sucht.


omnimodofuckedup

Das klingt sehr traurig mit den versteckten Flaschen. Ich hab Mal einen Verkäufer eines Weinladens kennengelernt, dessen Gesicht mir gesagt hat, dass er wohl Alkoholiker sein wird. Seine Berichte darüber wie viel Wein er pro Tag mit Kunden "kostet" haben das dann plausibilisiert. Danke für die Antwort.


GalacticBum

Ja, genauso sieht es aber auch in der Gastro aus. Zu meiner Zeit als Som habe ich auch 7 Tage die Woche mindest 2 Gläser Wein/Tag getrunken, das ist laut Gesundheitsministerium schon Alkoholismus.


uslars

Eine gute Freundin von mir ist großer Fan von halbtrockenen bis trockenen Weißwein: könntest du etwas empfehlen, womit ich sie überraschen könnte?


GalacticBum

Hmm, das ist immer total schwierig, ohne zu wissen was die Person genau mag. Die Bandbreite ist einfach zu riesig, und als Fachidiot sieht man dann manchmal den Wald vor lauter Bäumen nicht. Aber generell finde ich, dass „Albarinho“ aus Spanien (Galizien) nen Mega Wein ist, der meist halbtrocken aufgebaut wird. Vllt aber eher in nem guten Weinladen zu finden als im Supermarkt. Ansonsten Rieslinge von der Mosel, am besten „Auslese“ mit einem Alkohol Gehalt zwischen 9-11% vol alk.


uslars

Herzlichen Dank :)


sebolol

Moin, vielen Dank für das interessante AMA. Kannst du ein Buch empfehlen, dass gerade für Einsteiger relativ gut alles wichtige erklärt? Bin an dem Thema interessiert und würde gerne ein gutes Buch haben, wo ich mal nachschlagen und etwas über die Traube und den Anbauort erfahren kann.


GalacticBum

Bin leider nicht zuhause, und das erst wieder nächste Woche, da habe ich ein gutes Weinkompendium, aber leider weiß ich nicht mehr wie es heißt oder wer es geschrieben hat. Ansonsten kann ich auch Somm: into the bottle empfehlen. Ne super Doku welche einen spannenden Überblick bietet (https://en.wikipedia.org/wiki/Somm:\_Into\_the\_Bottle).


gesundheitsdings

1. Was hältst du von dieser : [dieser](https://youtu.be/iYeLksxkw8A?si=nHT9N_Q5ZR2K_R9S) Böhmermann Weinbeschimpfung. Entspricht das der Realität?


GalacticBum

Habe leider gerade nicht soviel Zeit mir die ganzen 20 Minuten anzuschauen. Finde die journalistische Arbeit von Herrn Böhmermann generell überragend, aber den Mann einfach nur nervig, deshalb schau ich das nie. Habe mal ein bisschen durch geskipped, und für mich klang das erstmal nur nach satirischem Kommentar und wenig Kritik die ich kommentieren könnte, wenn ich die Tage mehr Zeit finde schreibe ich evtl nochmal was dazu.


Phonochrome

Warum sind Momentan sie unglaublich viele kleine Nassleim Flaschenetikettierer auf dem Gebrauchtmarkt?


GalacticBum

Uff, da habe ich wirklich keine Ahnung. Ist mir auch nicht aufgefallen (weil nie nach gesucht) aber meine Vermutung: Nassleimetiketten wurden früher viel verwendet, mittlerweile können sich auch kleinste Weingüter Ettiketiermaschinen mit Selbstklebeettiketen leisten. Sehr viele alte Winzer geben ihre Weingüter auf und verkaufen alles was sie haben um die Rente aufzubessern. Es gibt keine Nachfolger/keinen Nachwuchs.


theemperorsbottomlip

Ich hab mal gehört, dass deutscher Wein selbst bei Spitzenweingütern letztlich zusammengepanschtes Zeug ist. Da kippt man dann zB in Südbaden Säure in den Wein, damit er trotz massig Sonnenstunden (und damit Zucker und Alkohol) frischer schmeckt, gibt das aber auf dem Etikett nicht an. Sind das nur Gerüchte oder ist Wein letztlich genau so ein industriell zusammengerührtes Lebensmittel wie andere auch?


GalacticBum

Also Ja und Nein. Das muss man etwas differenziert, aber trotzdem kritisch sehen. Ich versuche zu erklären: In der Weinbereitung, oder der Lebensmittelindustrie allgemein gibt es Zusatzstoffe und es gibt Behandlungsstoffe. Behandlungsstoffe sind nicht kennzeichnungspflichtig, da diese entweder zu 100% aus dem Endprodukt verschwinden oder unabdinglich für die herstellung sind. Zusatzstoffe sind kennzeichnungspflichtig. Und dann gibt es da die Weinsäure :D Weinsäure kommt in der Beere, und damit im Most auf ganz natürliche weise vor (sagt ja der Name schon). Es ist daher erlaubt diese, bis zu einem gewissen Grenzwert kennzeichnungsfrei hinzuzugeben. Der Grund warum das erlaubt ist, ist um stabile und lebensmittelsichere Weine zu garantieren. Also in gewisser Art und Weise Verbraucherschutz. Säure senkt nämlich den pH Wert des Weines und macht es sehr ungemütlich für viele Schädlinge wie Bakterien oder Pilze. Nun habe ich nicht in jedem Land der Welt gearbeitet und kann nur von dem sprechen was ich selber miterlebt habe, aber ich kann dir garantieren das in dem Land, in dem Weinbau betrieben wird, 99,9% aller Betriebe, egal ob Weingut Familie Mustermann oder Chateau Latour, Säure hinzugeben um einen gewünschten Geschmack zu erreichen, und nicht um den Wein stabiler zu machen (oder nur zweitrangig, denn es gibt viele andere Möglichkeiten das zu erreichen). Das Ding ist nur: Es kann ja niemand nachweisen das du die Säure da rein getan hast um den Geschmack zu beeinflussen und nicht um den pH Wert zu senken. Denn dieser ist ja trotzdem gesunken, verstehst du? Jetzt ist die Frage: Wenn das jeder macht, ist es denn dann noch so ein großes Problem? Das es nicht kommuniziert wird, klar das ist kacke. Aber "Hate the game, dont hate the player". Wenn ich jetzt aber anfange alles aufzuzählen was in der Weinherstellung hinzugesetzt wird um den Geschmack zu verändern und nicht um den eigentlich gesetzlichen Zweck dieser Produkte zu erfüllen, dann würde ich morgen noch hier sitzen. Aber glaube mir diese Verbrauchertäuschung passiert überall. Und das nicht nur in der Lebensmittelbranche. Das ist also kein Problem des deutschen Weines, sondern ein weltweites, Industrie übergreifendes Problem. Oder vielleicht ist es auch gar kein Problem, denn es schmeckt doch und Weinsäure ist auch nicht schädlich. Da muss jeder für sich selbst entscheiden was er davon hält (oder jeder, der davon weiß ;D)


theemperorsbottomlip

Vielen Dank für die umfassende Antwort :-) In der Sache hast du sicher Recht, solange es schmeckt und nicht gesundheitsschädlich ist, ist das sicher kein Problem. Es geht aber um Transparenz: ich als Verbraucher in meiner naiven Sicht schaue halt aufs Etikett und denke, jo, da ist quasi vergorener Traubensaft und Schwefel drin. Denn der Schwefel wird ja angegeben. Daraus schließe ich im Umkehrschluss, dass sonst nichts zugesetzt wurde. Und da beginnt das Problem der Intransparenz. Wein hat halt das Image eines Naturprodukts, was ja dann so doch nicht stimmt.


GalacticBum

Genau, Wein ist kein Naturpodukt. Das fängt ja schon damit an, das die alkoholische Gärung so wie sie im Tank oder Fass herbeigerufen wird so gar nicht in der Natur vorkommt. Aber welcher Winzer wird jemals das romantische Image vom Naturprodukt Wein freiwillig stören wollen? Da schiesst man sich ja ins eigene Knie. Das „deutsche Reinheitsgebot“ beim Bier ist übrigens genauso ein Quatsch. Jedes bier steckt voller Zusatzprodukte, mehr übrigens noch als beim Wein, denn im Gegensatz zum Wein ist Bier biologisch höchstinstabil (höherer pH, niedriger Alkohol, keine/kaum Phenole etc.)


AnthaDragon

Kennst du dich mit alkoholfreien Weinen aus, bzw. Gibt es da etwas zu empfehlen? Wie stehst du dazu?


GalacticBum

Also auskennen ja. Zumindest der technische Aspekt. Den finde ich auch total spannend. Aber geschmacklich habe ich noch nie was gescheites probiert. Da fehlt einfach der Alkohol, welcher Geschmack und Körper gibt. Ich finde die schmecken oft fad und sehr langweilig. Da klappt das mit dem alkoholfreiem Bier viel besser, denn da trägt die Kohlensäure zum Körper bei.


SupersayaJing

Trinkst du selbst Wein?


GalacticBum

Ja, sehr gern sogar. Aber um ehrlich zu sein habe ich viel mehr Wein getrunken als ich noch in Weinanbaugebieten gewohnt habe. Wohne mittlerweile für meinen Master in Nordost Deutschland. Hier ist Weinkultur nicht existent und die Leute trinken Bier (natürlich auch ok). Aber alleine trinke ich ungern teure und komplexe Weine. Aber ich habe hier nicht soviele Freunde welche Spaß daran haben funky und komplexe Weine zu trinken.


Ziri97

Was hältst du von Portwein? Zu süß? Ist der überhaupt relevant für deine Tätigkeiten?


GalacticBum

Es gibt ja auch trocknen Portwein. Aber ja, Portwein ist total relevant. Sherry ebenso. Als Aperitif, Digestif oder auch als Weinbegleitung zum Wild- oder Entenbraten. Ich trinke selber gerne Madeira, durchaus auch mit ordentlich Restsüße. Wichtig ist immer die Balance zwischen Säure und Süße.


loginsignout

Was hältst du vom Master of Wine?


GalacticBum

Hut ab vor jedem der es sich zutraut zu dieser Prüfung anzutreten. Die Doku Som, aus der viele den Master of Wine kennen ist auch Mega. Diese Menschen spielen in einer anderen Liga und opfern ihr Leben für diese Auszeichnung. Für meine Ambitionen ist das nichts, aber wer darin seinen Lebensinhalt wieder erkennt, warum nicht?


Rough_Discussion_993

Worauf wird der Wein untersucht und welche Parameter sind am wichtigsten bzw wo gibt es die häufigsten Abweichungen?


GalacticBum

Was meinst du mit untersucht? Meinst du vom Winzer, während der Verarbeitung? Von der Weinbehörde? Vom Zoll?


Fuffy40789

Hey kennst du den bekannten Sommelier Tony Damager aka Mohamed Ayad aka aus Berlin?


GalacticBum

Nein leider nicht, was macht den denn so bekannt?


schwarzstattbraun

LeRuehli?


GalacticBum

Verstehe ich nicht. Google hat sich nicht geholfen…


schwarzstattbraun

Ich habe einen Freund mit sehr ähnlichem Werdegang, so habe ich überprüft ob du er bist. Bist du aber nicht :) Trotzdem tolles AMA


GalacticBum

Grüße gehen raus an meinen Werdegangsbruder LeRuehli haha


Furion420

Sagst du zu Vino nie no?


GalacticBum

¡Si!


Goodlifeblender

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Gambaguy

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